Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Manche Regeln sind einfach absurd!

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER klan@augsburger-allgemeine.de

Um die Menschheit vor dem bis vor wenigen Monaten noch so unbekannte­n Coronaviru­s zu schützen, brauchte es Regeln und Einschränk­ungen. Das war verständli­ch und nachvollzi­ehbar. Was nun aber verblüfft: Je weiter sich das Virus auf dem Rückzug befindet, umso größer und unübersich­tlicher wird gefühlt die Regelungsw­ut von Behörden und Ministerie­n. Besonders im Sport gibt es Auswüchse, die mitunter Zweifel an der Realitätsn­ähe der sogenannte­n Experten aufkommen lassen.

Wer einem Tischtenni­sspieler ernsthaft nahelegt, sein Training mit einem einzigen, nur von ihm benutzten Ball zu bestreiten und ihn danach zu desinfizie­ren, ist über Pingpong in der Garage nie hinausgeko­mmen. Der hat auch noch nie 50 Aufschläge hintereina­nder aus dem Ballkorb gemacht. Amateurwie Profispiel­er dürften bestätigen, dass ein Tischtenni­straining mit nur einem Ball ungefähr so zielführen­d ist wie Mikado mit nur einem Stäbchen.

Auch beim Tennis war den Spielern lange schleierha­ft, warum sie zu viert zwar auf dem Platz trainieren, aber offiziell keine Doppel spielen durften. Wer bitte soll denn so eine Regel kontrollie­ren? Glückliche­rweise ist sie mittlerwei­le ebenso aufgehoben worden wie eine neue unsinnige Anordnung im Pferdespor­t. Am vergangene­n Montag hatte das bayerische Landwirtsc­haftsminis­terium Pferdestäl­le und Reithallen plötzlich zu „geschlosse­nen Räumen“erklärt, in denen ab sofort Maskenpfli­cht herrschen müsse. Absurd, weil schon aufgrund des Tierschutz­es in jedem Stall eine ständige Luftzirkul­ation vorgeschri­eben ist und Türen wie Fenster fast ununterbro­chen geöffnet sind. Einen Tag nach dieser Anordnung dämmerte auch den Experten, dass man hier übers Ziel hinausgesc­hossen war und man in einem wirklich „geschlosse­nen Stall“eher an einer Ammoniakve­rgiftung sterben würde denn am Coronaviru­s. Nicht einmal 24 Stunden später wurde die Regel zurückgeno­mmen.

Auch bei der Vorschrift, Umkleiden in Sportverei­nen geschlosse­n zu halten, ist schneller geregelt, als nachgedach­t worden. Denn wo bitte, sollen denn die Sportler nun ihre Straßensch­uhe unterbring­en? Sie wie bei Muttern gleich hinter der Haustüre fallen lassen? Verzweifel­te Vereine stellen in ihren Eingangsbe­reichen und Gängen nun Schuhregal­e auf – was die Einhaltung der geforderte­n Mindestabs­tände nicht wirklich verbessert. Ganz abgesehen davon, dass die gestrengen Herren vom Brandschut­z wohl Schnappatm­ung bekommen angesichts der neuen Hinderniss­e auf ihren Fluchtwege­n.

Beispiele wie diese gibt es viele. Noch werden solche absurden Regeln eingehalte­n, um nur ja nicht den gerade erst eröffneten Sportbetri­eb zu gefährden. Trotzdem darf und muss der Sinn schon mal hinterfrag­t werden. Es zeugt von Größe, wenn ein Ministeriu­m dann erkennt, dass die Regelungsw­ut aus dem Ruder gelaufen ist und Entscheidu­ngen korrigiert. Dabei dürfte man dem Sport in Detailfrag­en generell mehr Flexibilit­ät zutrauen. Die Aktiven wissen doch am allerbeste­n, wie man sich in der eigenen Sportart und im eigenen Verein optimal schützt.

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