Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Manche Regeln sind einfach absurd!
Um die Menschheit vor dem bis vor wenigen Monaten noch so unbekannten Coronavirus zu schützen, brauchte es Regeln und Einschränkungen. Das war verständlich und nachvollziehbar. Was nun aber verblüfft: Je weiter sich das Virus auf dem Rückzug befindet, umso größer und unübersichtlicher wird gefühlt die Regelungswut von Behörden und Ministerien. Besonders im Sport gibt es Auswüchse, die mitunter Zweifel an der Realitätsnähe der sogenannten Experten aufkommen lassen.
Wer einem Tischtennisspieler ernsthaft nahelegt, sein Training mit einem einzigen, nur von ihm benutzten Ball zu bestreiten und ihn danach zu desinfizieren, ist über Pingpong in der Garage nie hinausgekommen. Der hat auch noch nie 50 Aufschläge hintereinander aus dem Ballkorb gemacht. Amateurwie Profispieler dürften bestätigen, dass ein Tischtennistraining mit nur einem Ball ungefähr so zielführend ist wie Mikado mit nur einem Stäbchen.
Auch beim Tennis war den Spielern lange schleierhaft, warum sie zu viert zwar auf dem Platz trainieren, aber offiziell keine Doppel spielen durften. Wer bitte soll denn so eine Regel kontrollieren? Glücklicherweise ist sie mittlerweile ebenso aufgehoben worden wie eine neue unsinnige Anordnung im Pferdesport. Am vergangenen Montag hatte das bayerische Landwirtschaftsministerium Pferdeställe und Reithallen plötzlich zu „geschlossenen Räumen“erklärt, in denen ab sofort Maskenpflicht herrschen müsse. Absurd, weil schon aufgrund des Tierschutzes in jedem Stall eine ständige Luftzirkulation vorgeschrieben ist und Türen wie Fenster fast ununterbrochen geöffnet sind. Einen Tag nach dieser Anordnung dämmerte auch den Experten, dass man hier übers Ziel hinausgeschossen war und man in einem wirklich „geschlossenen Stall“eher an einer Ammoniakvergiftung sterben würde denn am Coronavirus. Nicht einmal 24 Stunden später wurde die Regel zurückgenommen.
Auch bei der Vorschrift, Umkleiden in Sportvereinen geschlossen zu halten, ist schneller geregelt, als nachgedacht worden. Denn wo bitte, sollen denn die Sportler nun ihre Straßenschuhe unterbringen? Sie wie bei Muttern gleich hinter der Haustüre fallen lassen? Verzweifelte Vereine stellen in ihren Eingangsbereichen und Gängen nun Schuhregale auf – was die Einhaltung der geforderten Mindestabstände nicht wirklich verbessert. Ganz abgesehen davon, dass die gestrengen Herren vom Brandschutz wohl Schnappatmung bekommen angesichts der neuen Hindernisse auf ihren Fluchtwegen.
Beispiele wie diese gibt es viele. Noch werden solche absurden Regeln eingehalten, um nur ja nicht den gerade erst eröffneten Sportbetrieb zu gefährden. Trotzdem darf und muss der Sinn schon mal hinterfragt werden. Es zeugt von Größe, wenn ein Ministerium dann erkennt, dass die Regelungswut aus dem Ruder gelaufen ist und Entscheidungen korrigiert. Dabei dürfte man dem Sport in Detailfragen generell mehr Flexibilität zutrauen. Die Aktiven wissen doch am allerbesten, wie man sich in der eigenen Sportart und im eigenen Verein optimal schützt.