Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Beethoven trifft auf Corona
Die Philharmoniker sind auf dem Rückweg ins Konzertleben, ein Gespräch mit dem Chefdirigenten
Herr Generalmusikdirektor! Wie kam es denn zur Programmänderung des achten Sinfoniekonzerts der Saison mit Mendelssohns e-Moll-Violinkonzert und Beethovens vierter Sinfonie statt Strawinsky, Bartok, Brahms? Viermal, nicht zweimal soll es vor jeweils 50 Hörern in der Kongresshalle erklingen, am 15., 16., 17. und 21. Juni (20 Uhr).
Domonkos Héja: Das war vor allem eine Orchester-Besetzungsfrage. Wegen Corona würden wir bei Strawinsky, Bartók und Brahms nicht die geltenden Abstandsregeln unter den Musikern auf der Bühne einhalten können. Also dachten wir uns ein Programm aus, das dem Publikum auch Freude machen dürfte. Außerdem war ja das MendelssohnViolinkonzert mit dem Solisten Linus Roth im Goldenen Saal ausgefallen; das holen wir jetzt in der Kongresshalle nach.
Wie groß wird denn die Orchesterbesetzung bei Mendelssohn und Beethoven sein?
Héja: Zehn erste Geigen, angepasst die übrigen Streicher. Dazu doppelt besetzte Bläser. Das ist etwas kuschelig.
Was heißt das als absolute Zahl des Kuscheligen?
Héja: Moment, da muss ich zählen.
Gut 40 Instrumentalisten.
Das heißt, dass die Besetzung den Sicherheitsbestimmungen geschuldet ist und nicht dem Streben nach möglichst authentischem Originalklang?
Héja: Das ist so. Ja.
Sind Bläser in Corona-Zeiten eigentlich gefährlicher als Streicher?
Héja: Ich glaube nicht. Aber ich weiß nicht, ob ich das sagen darf
Ich trage ja auch eine Verantwortung. Sagen wir so: Ich fände es seltsam, wenn es so wäre, dass die Bläser gefährlicher sind.
Plexiglas-Stellagen blasen – ähnlich den durchsichtigen SchallschutzWänden?
Héja: Nein, es gibt keinen Mundschutz für die Streicher – und der Schutz bei den Bläsern ist nicht Plexiglas, sondern sieht aus wie eine große Tüte. Man kennt so etwa aus den Operationssälen von Krankenhäusern.
Das gestattet uns, den Abstand leicht zu reduzieren.
Wird es denn eine Veränderung des Klangbilds geben, wenn die Musiker so „luftig“sitzen?
Héja: Das weiß ich noch nicht. Das stellt sich im Verlauf der drei Proben heraus. Ich glaube jedenfalls, dass es
Archiv-Foto: Ulrich Wagner für die Musiker eine Herausforderung wird. Sie hören sich gegenseitig anders. Das ist weniger kompakt. Die Hauptsache aber ist, dass wir spielen.
Und zwischen Mendelssohn und Beethoven gibt es keine Pause, keinen Kaffee, keinen Prosecco?
Héja: So ist es. Das pausenlose Konzert dauert eine gute Stunde. Das wird im Sommer bei unseren nächsten Konzerten auch so sein.
Lohnt sich denn für viermal 50 Zuhörer ein Programmheft?
Héja: Es wird etwas Kleines geben. Eher ein Heftchen als ein Heft. Aber: Es ist ein Konzert, und die Zuhörer sollen informiert sein.
Domonkos Héja wurde 1974 in Budapest geboren und studierte dort an der Liszt-Akademie Klavier, Schlagzeug und Dirigieren. Seit 2015 ist er in Augsburg Generalmusikdirektor.