Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Polizei zu Bußgeldkatalog: „Manche begrüßen Regelungen“
Wer sich nicht an die Straßenverkehrsordnung hält und dabei erwischt wird, muss seit Ende April tiefer in den Geldbeutel greifen. Die neuen Regelungen sorgen bei vielen Autofahrern für Kritik. Welche Erfahrungen die Polizei bislang in Augsburg gemacht hat
Diese Meldung der Polizei hatte neulich für Aufsehen gesorgt. Innerhalb von nur sechs Tagen hatten die Beamten in Nordschwaben Fahrverbote im dreistelligen Bereich erteilt. Davon wurden die meisten wegen überhöhter Geschwindigkeit auf der B17 durch Augsburg, Höhe Stadtbergen, verhängt: 84 an der Zahl. Der strengere Bußgeldkatalog polarisiert. „Abzocke“sagen die einen, „selbst schuld“die anderen. Die Augsburger Polizei berichtet von ihren Erfahrungen seit den verschärften Regelungen, die am 28. April in Kraft traten.
Seit diesem Stichtag hat die Polizei allein in der Stadt 75 Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt. Dabei wurden rund 200 Verstöße festgestellt. Wie viele davon in Fahrverboten enden, könne man noch nicht sagen, meint Sprecherin Sabine Braunmiller. Noch dauerten die Auswertungen. Fakt ist, dass Verstöße nach der Straßenverkehrsordnung seit über einem Monat strenger sanktioniert werden.
Vor der Änderung des Bußgeldkatalogs drohte der Führerscheinentzug, wenn man innerorts 31 und außerorts 41 Stundenkilometer zu schnell war. Jetzt reicht es schon, im Ort die Höchstgeschwindigkeit um 21 Stundenkilometer zu überschreiten, sowie außerorts um 31, um den Führerschein zu verlieren. Genau dieser Punkt im neuen Bußgeldkatalog ist umstritten und soll geprüft werden.
Für viele Kritiker ist das eine Bestätigung dafür, dass diese Verschärfung überzogen ist. Selbst Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat die Senkung der
Grenze für Fahrverbote selbst als „unverhältnismäßig“bezeichnet. Im Bundesverkehrsministerium jedenfalls, so wurde es gegenüber unserer Redaktion unlängst mitgeteilt, arbeite man derzeit an einer Änderung.
Die Polizei in Augsburg versichert, dass die Änderungen keinerlei Auswirkungen auf ihre Arbeit haben. Neuerungen im Bußgeldkatalog gebe es seit Jahren immer wieder. Deshalb würde die Polizei weder weniger, noch mehr auf den Straßen kontrollieren. Die Beamten wählen die Messstellen weiterhin anhand der üblichen Kriterien aus. „Gemessen wird unter anderem an Unfallbrennpunkten oder Unfallgefahrenstellen oder an Stellen, an denen die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Belästigung der Anwohner durch Lärm oder Abgase darstellt“, sagt die Polizeisprecherin auf Anfrage unserer Redaktion.
Ob die angehobenen Sanktionen sich auf das Fahrverhalten auswirken, könne man noch nicht feststellen. „Dazu ist der Zeitraum noch zu kurz.“Allerdings falle den Beamten auf, dass gerade Radfahrer und andere schwächere Verkehrsteilnehmer die neuen Regelungen begrüßen, denn diese würden auch zu ihrem Schutz beitragen. Seitdem das
Parken auf dem Gehweg etwa teurer geworden ist, verzeichnet die Polizei zumindest hier eine Veränderung.
Seit Inkrafttreten des neuen Bußgeldkatalogs seien demnach bis Ende Mai rund 260 Vorgänge zum verbotswidrigen Parken auf Gehwegen polizeilich erfasst worden. Im Vergleichszeitraum vom 28. April bis 29. Mai vergangenes Jahr seien es rund 360 Vorgänge gewesen, also hundert mehr. Polizeisprecherin Braunmiller ergänzt aber, dass dieser Rückgang mitunter auch an den pandemiebedingten Beschränkungen liegen könnten.
Generell würden die neuen Bußgeldsätze von den Verkehrsteilnehmern grundsätzlich akzeptiert, so der Eindruck der Augsburger Polizei – „auch im Hinblick auf die Bußgeldhöhe im europaweiten Vergleich“.