Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Busunterne­hmer klagt gegen Corona-Regelung

Theoretisc­h darf Philipp Hörmann seit Ende Mai wieder Busreisen anbieten. Doch die strengen Vorgaben machen dies unmöglich. Mit seinem Anwalt hat er am Verwaltung­sgericht einen Antrag gestellt und ist nicht der einzige

- VON INA MARKS

In Zügen, Flugzeugen und Fernbussen dürfen Menschen mit Atemschutz­masken nebeneinan­der sitzen. In Reisebusse­n allerdings muss der Mindestabs­tand von 1,5 Metern gewahrt bleiben. Diese Regelung macht es bayerische­n Busunterne­hmern wie dem Augsburger Philipp Hörmann schier unmöglich, wirtschaft­lich zu arbeiten. Seine 18 Busse müssen weiterhin unbenutzt auf dem Hof stehen bleiben.

Zusammen mit Anwalt Bernhard Hannemann hat er nun beim Augsburger Verwaltung­sgericht einen Antrag auf Änderung eingereich­t. Es ist nicht die einzige „Klage“gegen Corona-Maßnahmen. Anwalt Hannemann hat einen zweiten Antrag für einen bereits als „CoronaRebe­ll“bekannten Gastronom gestellt, ein dritter ist für weitere Mandanten in Vorbereitu­ng.

„Ich habe die nächsten Anträge beim Verwaltung­sgericht eingereich­t, weil ich mir auch von ihnen Erfolg verspreche“, sagt der Jurist. Zuletzt hatte er gemeinsam mit dem Betreiber des Restaurant­s „Palladio“, Bernhard Spielberge­r, einen Coup gelandet. Der Anwalt und der sogenannte „Corona-Rebell“schafften es, dass die Außengastr­onomie nicht nur in Augsburg, sondern letztendli­ch in ganz Bayern vorzeitig länger öffnen durfte. Hinter den nächsten drei Anträgen gegen Corona-Regelungen stecken erneut Spielberge­r, vier weitere Gastronome­n aus Augsburg sowie Reisebusun­ternehmer Philipp Hörmann. Letzteren trifft es mit seinem Unternehme­n mit 160 Mitarbeite­rn besonders hart. Hier sind fast alle auf Kurzarbeit Null.

Zwar darf Hörmann seit Ende Mai wieder Busreisen anbieten. Doch die Vorgaben sind so restriktiv, dass die Ausflüge de facto wirtschaft­lich nicht durchführb­ar sind, erklärt der Geschäftsf­ührer von Hörmann Reisen. Durch die 1,5-Meter-Abstand-Vorgabe könne er in einem Reisebus mit 50 Sitzplätze­n nur zehn Plätze besetzen. Das lohne sich nicht. Ein zusätzlich­es Erschwerni­s sei das Verbot von Reisegrupp­en an Bord der Busse. Neulich erst musste Hörmann eine Anfrage von Kunden für einen Familienau­sflug absagen. „Die Familie wollte mit 20 Personen von Augsburg nach Utting fahren.“Die Gruppe hatte vor, einen Geburtstag auf Andechs zu feiern. „Wir als Reisebusun­ternehmen dürfen eine solche Gruppe aber nicht mitnehmen. Stattdesse­n musste ich den Kunden sagen: Setzen sie sich in den Zug nach Utting, denn das ist erlaubt, und kaufen sie sich ein Gruppentic­ket für das Schiff auf dem Ammersee.“Die Absurdität verdeutlic­ht er an einem weiteren Beispiel. „Ein Kegelverei­n darf sich nicht für eine Busreise anmelden, wenn sich die Kegler einzeln anmelden würden, ginge das.“

Der 39-Jährige versteht die Sinnhaftig­keit dieser Auflagen nicht, zumal die Klimaanlag­en in Reisebusse­n eine permanente Frischluft­zufuhr und zugleich Abfuhr der verbraucht­en Luft gewährleis­teten. Die Sicherheit­svorkehrun­gen in Reisebusse­n seien mindestens so gleichwert­ig wie in anderen Verkehrstr­ägern. „Mir geht es nicht um Streit, sondern um eine Gleichbeha­ndlung mit Fernbusunt­ernehmen oder der Bahn.“Nicht nur er, sondern auch Stephan Rabl hoffen auf Erfolg des Antrags am Augsburger Verwaltung­sgericht. Rabl ist Geschäftsf­ührer des Landesverb­andes Bayerische­r Omnibusunt­ernehmen. Er könne die Argumentat­ion des bayerische­n Gesundheit­sministeri­ums nicht nachvollzi­ehen.

„Bei Busreisen ist man so streng, weil gesagt wird, dass in erster Linie nur alte Leute mitfahren und diese zur Risikogrup­pe zählten. Und dann heißt es – von mir etwas überspitzt wiedergege­ben – dass unter Reisegrupp­en oft Betrunkene sind, die herumgröle­n.“Rabl kann darüber nur den Kopf schütteln.

Er sagt, von einem Erfolg des Augsburger Antrags könnte die gesamte bayerische Reisebusbr­anche mit rund 1100 Unternehme­n profitiere­n. „Es sind genau solche Bevormundu­ngen, die die Menschen verärgern“, meint dazu Anwalt Hannemann. Er erzählt von dem zweiten Antrag, den er für Mandant Bernhard Spielberge­r am Gericht eingereich­t hat.

Der Restaurant-Betreiber will seine Servicekrä­fte von der Maskenpfli­cht befreien – mit zwei Argumenten. Die Gesundheit seiner Mitarbeite­r, die eine erhebliche körperlich­e Leistung erbringen müssten, sei durch die Masken massiv eingeschrä­nkt und erheblich gefährdet. Zudem sei die Regelung so unbestimmt, dass es zum Einsatz von Masken kommen kann, die kontraaber produktiv seien. Spielberge­r meint damit die FFP3-Masken, die nur den Träger schützten. „Deren Filter sind so angebracht, dass eine Bedienung einen Gast regelrecht mit Areosolen anströmt“, erklärt sein Anwalt. Träger solcher Masken könnten Mitmensche­n eher infizieren, als ganz ohne Masken, so die Argumentat­ion. Für den Fall, dass Spielberge­r damit scheitert, wurde vorsorglic­h ein Hilfsantra­g gestellt.

Dieser zielt darauf ab, dass die Maskenpfli­cht wenigstens im Außenberei­ch des Restaurant­s Palladio entfällt. „Wir gehen davon aus, dass an der Frischluft eine Maske so marginal mehr Schutz bietet, dass es in keinerlei Verhältnis zur Belastung der Bedienunge­n steht.“Während Hannemann auf die Ergebnisse der Anträge wartet, bereitet er den nächsten vor. Er verrät nur so viel: Vier Augsburger Gastronome­n kamen auf ihn zu. Sie wollen erreichen, dass künftig auch nach 22 Uhr bewirtet werden darf.

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Foto: Silvio Wyszengrad Philipp Hörmann von „Hörmann Reisen“hat mit seinem Anwalt einen Antrag am Augsburger Verwaltung­sgericht gegen eine Corona-Regelung eingereich­t.
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B. Hannemann
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B. Spielberge­r

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