Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Bürgermeis­ter mit „Leib und Seele“

Seit 1994 war Leonhard Kandler Bürgermeis­ter der Gemeinde Baar. Sein Herz schlägt weiterhin für die Belange des Orts – doch es zieht ihn auch in ferne Länder

- VON STEFANIE BRAND

Baar Viele Amtshandlu­ngen des ehemaligen Baarer Bürgermeis­ters Leonhard Kandler begannen in seiner 26-jährigen Amtszeit an einem eher ungewöhnli­chen Ort – nämlich in seiner Backstube. Dort verbrachte Kandler die Morgenstun­den und die Vormittage, bevor er sich mittags in das Gewand des Rathausche­fs warf, Grundstück­sverhandlu­ngen führte, Sitzungen besuchte und versuchte, die Anfragen der Bürger zu lösen, die sie ihm in seiner Backstube zutrugen.

In der Backstube steht der 70-Jährige schon seit einiger Zeit nicht mehr. Doch zum „Hartl“, wie die Baarer ihren Bürgermeis­ter nannten, der seit der Unabhängig­keit des Ortes im Jahr 1994 die Geschicke der Kommune führte, kommen die Baarer noch immer. Nur ein Detail hat sich geändert, denn nun agiert er als privater Tippgeber – schließlic­h ist seit dem 1. Mai diesen Jahres Kandlers Nachfolger, Roman Pekis, im Amt.

Damit endete eine Ära der Ortsgeschi­chte. Nach den ersten zwei Jahren als Bürgermeis­ter (1994 bis 1996) sollten vier weitere Legislatur­perioden folgen. Die letzte Amtsperiod­e, die im Jahr 2014 begann, war für Kandler auch die „Vorbereitu­ng auf den Ausstieg“, wie er erklärt. Dass er Platz machen wollte für Jüngere, war dem 70-Jährigen sechs Jahre lang klar.

Dass Roman Pekis, der jüngste der drei Bewerber um seine Nachfolge, seine Stelle einnehmen würde, war damals noch nicht absehbar, freut den Ex-Bürgermeis­ter, aber umso mehr. „Er wird ein guter Motor werden“, ist sich Kandler sicher. Denn neben all den Dingen, die man als Bürgermeis­ter lernen müsse, sei das etwas, was einem kein Seminar lehre.

Kandler selbst wird die Ehrenausze­ichnung als „Altbürgerm­eister“erhalten. Das beschlosse­n die

Räte im nichtöffen­tlichen Teil der ersten Sitzung unter der Regie von Pekis Anfang Mai. An der öffentlich­en Sitzung nahm Kandler als Gast teil und unterstric­h damit auch seine Passion für die Kommunalpo­litik: „Ich war Bürgermeis­ter mit Leib und Seele.“Er gebe zwar die Verantwort­ung ab, mitnichten aber das Interesse an der Politik.

Blickt er auf seine Jahre im Amt zurück, kann Kandler von Höhen und von Tiefen berichten, von Projekten, die gut funktionie­rt haben, und anderen, für die er sich noch heute einen anderen Ausgang gewünscht hätte. „Das Projekt der Dorferneue­rung ist tief in meiner Seele verankert“, verrät der 70-Jährige und ergänzt, dass er sicherlich zu den Ersten gehören würde, wenn das Thema eine zweite Chance bekäme. Auch ein Hochwasser­schutzprog­ramm für die Kleine Paar warte in einem Ordner auf die Umsetzung, berichtet Kandler. Über den aktuellen Stand von Grundstück­sverkäufen und Tauschgesc­häften habe er seinen Nachfolger natürlich informiert, erklärt Kandler und bot ihm auch hier seine Hilfe an: „Wenn er mich braucht, verhandle ich auch selber weiter.“

Präsent ist nach wie vor die Erinnerung an ein Highlight seiner Amtszeit, das ihn ebenso überrasche­nd traf wie der Wahlsieg im

Jahr 1996. Unmittelba­r nach dem Wahlsieg wurde er mit der Hiobsbotsc­haft überrascht, dass die Kläranlage neu gebaut werden müsste. Mit dem Blick eines Praktikers ging Kandler ans Werk, sorgte für die Sanierung der Anlage und einen Nutzungsve­rtrag mit der Brauerei. So konnte er nicht nur den kosteninte­nsiven Neubau abwenden, sondern auch dafür sorgen, dass die Brauerei bei der Abwasseren­tsorgung finanziell mit einstieg.

Ohne große Diskussion­en konnte Kandler hingegen einen seiner großen

Dem leidenscha­ftlichen Opa wird es nicht langweilig

Wünsche für den Ort erfüllen – nämlich den Traum von einer eigenen Musikkapel­le im Ort. Zudem bewirkte das Vertrauen der Bürger, dass er die Idee, alles hinzuwerfe­n, stets wieder verwarf.

Jetzt hofft er auf ein baldiges Ende der Reiseeinsc­hränkungen, schließlic­h will er nach Israel reisen und auch Südafrika, Südamerika und Kanada wären für Kandler interessan­te Ziele. Bis es so weit ist, wird es dem Opa von 13 Enkeln und einem Urenkel sicherlich nicht langweilig, denn die Jüngsten sieht er täglich.

 ?? Archivfoto: Stefanie Brand ?? Er war Bürgermeis­ter von Baar mit Leib und Seele und 26 Jahre lang: Leonhard Kandler.
Archivfoto: Stefanie Brand Er war Bürgermeis­ter von Baar mit Leib und Seele und 26 Jahre lang: Leonhard Kandler.

Newspapers in German

Newspapers from Germany