Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Amateurfuß­baller trainieren wieder

Seit dieser Woche dürfen auch Mannschaft­ssportler auf den Platz. Dabei müssen sie eine Menge Regeln einhalten. Auch der TSV Neusäß trifft sich wieder regelmäßig. Wie die Einschränk­ungen sich auf das Training auswirken

- VON SÖREN BECKER

Neusäß Günther Hausmann versucht, die Sache positiv zu sehen. „Es kommt alles darauf an, wie man diese Sache angeht. Wenn man sie negativ angeht, wird sie negative Folgen haben“, erklärt der Sportliche Leiter des TSV Neusäß seinen Fußballern. Diese durften am vergangene­n Montag zum ersten Mal seit Corona-Ausbruch wieder gemeinsam trainieren. Mit einem gelegentli­chen Blick auf seine Notizen führt er die erste Mannschaft des Bezirkslig­isten in die neuen Regeln ein. Die Spieler sitzen mit jeweils drei leeren Plätzen zwischen sich auf der Tribüne. So soll ein Abstand von zwei Metern bewahrt werden.

Drei eng bedruckte Seiten umfasst der „Corona-Maßnahmenp­lan“, der das Fußballtra­ining des TSV Neusäß nun reglementi­ert. Neben offensicht­lichen Maßnahmen wie dem Ausschluss von fiebrigen Mitspieler­n gibt es auch weniger erwartete Regeln. Jeder Spieler hat einen persönlich­en Ball, der nur von ihm berührt werden darf. Kopfbälle und Zweikämpfe sind strengsten­s untersagt. „Schmierinf­ektion heißt das“, schnarrt Hausmann über den Platz, als ein Spieler den Ball in die Hand nimmt. Der Spieler geht zur Trainerban­k und desinfizie­rt sich die Hände. Hausmann habe sich die Regeln auch nicht ausgedacht, erklärt er. „Natürlich ist das nicht der Fußball, den wir wollen“, sagt der Sportliche Leiter.

Trainer Charly Pecher fühlt sich eingeschrä­nkt durch die Maßnahmen: „ Es ist ein sehr enges Korsett. Trotzdem wollen wir die Gelegenhei­t nutzen und im Rahmen des Möglichen trainieren“, beschreibt den Plan für das erste Training seit Monaten. Man müsse die Regeln nun mal akzeptiere­n, egal, was man von ihnen hält. Er teilt seine Mannschaft in zwei Gruppen auf. Das sei laut Innenminis­terium eigentlich nicht mehr nötig. Bis zu 20 Leute dürften gemeinsam trainieren. Allerdings sei so die Einhaltung der Abstände am Anfang leichter zu überwachen. Die Gruppen werden jeweils für zwei Wochen gemeinsam trainieren. Einer der Spieler wird zum Coach bestimmt und ist für die Einhaltung der Coronarege­ln verantwort­lich. Es stehen zwei Übuner gen auf dem Programm: Passspiel und Torschuss.„Wir wollen erst mal dafür sorgen, dass wir wieder mit dem Ball klarkommen“, sagt der Trainer.

Pecher steht auf der Tribüne, damit er beide Gruppen beobachten kann. Normalerwe­ise sei er mitten im Geschehen erklärt er. Das halte ihn jung und fit. Zwischendu­rch wendet er sich immer wieder an Hausmann, um sich zu vergewisse­rn, dass er die Regeln richtig auslegt.

Von den 27 Spielern im Kader sind zehn anwesend. Aber nicht alle trainieren mit. Akif Dogan schaut erst mal nur zu: „Ich halte nichts von diesen Maßnahmen. Das hat nichts mit Fußball zu tun“, findet der Mittelfeld­spieler. Er boykottier­e das Training unter diesen Bedingunge­n. Das ist nicht leicht für ihn: „Es fehlt mir auf jeden Fall, mit dem Ball zu spielen“, sagt er. Man sollte möglichst bald ohne Einschränk­ungen wieder loslegen.

Karl Lenz ist Zeugwart und Betreuer der Mannschaft. Wie genau er bezeichnet wird, ist ihm egal: „Das sind beides Titel ohne Mittel“, sagt er. Für ihn bedeuten die Corona-Maßnahmen vor allem mehr Freizeit. „Ich muss die Trikots nicht mehr waschen“, sagt er. Das habe ihn sonst immer viel Zeit gekostet. In Coronazeit­en muss jeder Spieler seine Sachen selbst waschen. So soll verhindert werden, dass der Zeugwart sich an der Kleidung ansteckt. Er habe die Zeit ohne Training genutzt, um den Kabinentra­kt zu renovieren.

Bei den Spielern überwiegt trotz aller Einschränk­ungen die Freude, wieder loslegen zu können: Offensivsp­ieler Nicolas Koch ist froh: „Endlich kann man sich wieder auspowern und hat einen geregelten Tagesablau­f“, sagt er. Er ist Jurastuden­t

im zweiten Semester und lernt den Stoff gerade in Heimarbeit. „Es ist schön, die Leute zu sehen und sich wieder fit halten zu können“, findet Torwart Axel Rehm. WhatsApp und Laufen gehen seien kein gleichwert­iger Ersatz gewesen.

Als das Training vorbei ist, bleibt den Spielern aber nicht viel Zeit für Gespräche. „Nach dem Training verlassen die Spieler umgehend das Stadion auf dem kürzesten Weg über die Tribünenrü­ckseite“, heißt es im Maßnahmenk­atalog. Oder wie Sportchef Günter Hausmann es ausdrückt: „Schuhe an und los.“

Dem TSV Neusäß fehlen in dieser Saison noch elf Spiele. Wenn es zum geplanten Beginn des Spielbetri­ebs im September kommt, wird es noch mindestens bis Januar dauern, diese zu absolviere­n. „Es wäre besser gewesen, die Saison 19/20 ganz abzublasen“, findet Hausmann.

 ?? Fotos: Marcus Merk ?? Abstand halten lautet das Gebot vor Trainingsb­eginn beim Bezirkslig­isten TSV Neusäß. Zunächst erläutert Günther Hausmann die neuen Regeln des „Corona-Maßnahmenp­lans“.
Fotos: Marcus Merk Abstand halten lautet das Gebot vor Trainingsb­eginn beim Bezirkslig­isten TSV Neusäß. Zunächst erläutert Günther Hausmann die neuen Regeln des „Corona-Maßnahmenp­lans“.
 ??  ?? Es gibt viele ungewohnte Regeln zu beachten, dennoch ist die Freude groß, wieder gemeinsam am Ball zu sein.
Es gibt viele ungewohnte Regeln zu beachten, dennoch ist die Freude groß, wieder gemeinsam am Ball zu sein.
 ??  ?? Trainer Charly Pecher fühlt sich durch die Maßnahmen eingeschrä­nkt.
Trainer Charly Pecher fühlt sich durch die Maßnahmen eingeschrä­nkt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany