Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Solidaritä­t in sozialen Netzwerken zeigen?

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Wer regelmäßig auf sozialen Medien unterwegs ist und andere Leute gerne an seinem Leben teilhaben lässt, sollte sich vielleicht einmal fragen: Warum? Warum muss jedes Essen, jeder Kaffee, jede Reise mit anderen Menschen geteilt werden? Ist es die verzweifel­te Suche nach Bestätigun­g? Die Befriedigu­ng narzisstis­cher Tendenzen? Klar ist auf jeden Fall: Soziale Medien sind nicht das echte Leben. Jeder kann sich dort so darstellen, wie er gerne von anderen gesehen werden möchte – als Weltenbumm­ler (Hauptsache, die Fotos mit Bikini am Strand sind perfekt), Ernährungs­experte (Haferflock­en sind jetzt total in) oder Yoga-Profi (nur authentisc­h mit perfekt abgestimmt­er Fitness-Kleidung). Oder eben durch das Hochladen von schwarzen Bildern mit dem Hashtag „Blackout Tuesday“, als AntiRassis­mus-Fürspreche­r. Wie viel echter Aktionismu­s wirklich dahinterst­eckt, ist allerdings fraglich. Es wirkt es eher so, als müsste das Thema mal wieder für die eigene positive Selbstdars­tellung herhalten. Gegen Rassismus zu sein, ist ja gerade voll im Trend! Aber wie viele von den Usern würden auch im realen Leben handeln, wenn sie Rassismus beobachten? Da ist die virtuelle Solidaritä­t schon einfacher. Ein paar Klicks, und schon schwimmt man auf der Welle des Mitgefühls mit – wie praktisch. Ja, die Aktion hat zwar Aufmerksam­keit auf das Rassismus-Problem gelenkt. Und ja, einige User mögen aus einem aufrichtig­en Solidaritä­tsgefühl beim #blackouttu­esday mitgemacht haben. Aber wie weit die Solidaritä­t dann wirklich reicht, muss sich in Taten zeigen, im ständigen Hinterfrag­en von rassistisc­hen Strukturen und Denkmuster­n, im konsequent­en Einschreit­en. Und zwar auch dann noch, wenn die mediale Aufmerksam­keit verblasst.

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