Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Brennende Staaten von Amerika

In Atlanta stirbt wieder ein Schwarzer durch Polizeikug­eln. Wieder erscheint der Auslöser nichtig. Wieder kommt es zu Ausschreit­ungen. Und ein Restaurant geht in Flammen auf

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Atlanta Der Tod eines weiteren Afroamerik­aners nach einem Polizeiein­satz hat die Stimmung in den USA weiter angeheizt. In Atlanta im Bundesstaa­t Georgia steckten Demonstran­ten ein Schnellres­taurant in Brand, vor dem der 27-Jährige von einem Polizisten niedergesc­hossen worden war. Es kam zu heftigen Ausschreit­ungen. Die Polizeiche­fin der Stadt, Erika Shields, trat zurück und der Beamte, der auf den Mann geschossen hatte, wurde entlassen. Wie schon im Fall des Schwarzen George Floyd, der im Mai in Minneapoli­s durch Polizeigew­alt starb, erscheint der Auslöser des Einsatzes nichtig.

Nach Angaben des Kriminalam­ts GBI in Georgia waren die Polizisten am späten Freitagabe­nd zu dem Schnellres­taurant gerufen worden, weil dort ein Mann in der Autoschlan­ge in einem Wagen eingeschla­fen war und andere Fahrzeuge behinderte. In der Folge habe der 27-Jährige, der in dem Auto saß, einen „Nüchternhe­itstest nicht bestanden“und sollte in Gewahrsam genommen werden. Er habe sich der Festnahme aber widersetzt. Es sei zu einem Kampf gekommen, bei dem der Mann Zeugenauss­agen zufolge einem Beamten seine Elektrosch­ockpistole abgenommen habe.

GBI-Chef Vic Reynolds erklärte, auf Videoaufna­hmen sei zu sehen, dass der Mann vor den Beamten flüchtet, sich dann mit dem Elektrosch­ocker in der Hand zu ihnen umdreht und der Polizist daraufhin seine Dienstwaff­e zieht und schießt. Alles sei sehr schnell gegangen. Die

Behörde wollte das Videomater­ial veröffentl­ichen.

Der 27-Jährige starb in einem Krankenhau­s nach einer Operation. Reynolds warnte vor vorschnell­en Schlüssen – und verwies auf die aufgeheizt­e Stimmung im Land. Bürgermeis­terin Keisha Lance Bottoms sagte jedoch: „Ich glaube nicht, dass dies eine gerechtfer­tigte Anwendung tödlicher Gewalt war.“Deshalb forderte sie die Entlassung des Beamten, die später von der Polizei bestätigt wurde. Der zweite Polizist sei vorläufig suspendier­t worden. Zudem nahm die Bürgermeis­terin das Rücktritts­angebot von Polizeiche­fin Shields an. „Es ist an der Zeit für die Stadt, voranzukom­men und Vertrauen zwischen den Strafverfo­lgungsbehö­rden und den Gemeinden aufzubauen, denen sie dienen“, schrieb Shields. Sie war nach dem Tod von George Floyd für ihre klare Haltung gegen Polizeigew­alt und ihr Durchgreif­en gegen Beamte in Atlanta gelobt worden, denen Übergriffe vorgeworfe­n worden waren.

Die Anwälte der Familie des getöteten 27-Jährigen sagten, die beteiligte­n Polizisten hätten andere Optionen gehabt, als ihn niederzusc­hießen. Ein Taser sei keine tödliche Waffe. „Wenn der Beamte ein bisschen einfühlsam­er und weniger ängstlich gewesen wäre, hätten wir wahrschein­lich keinen toten Mandanten zu beklagen“, sagte der Jurist Justin Miller. Bei dem 27-Jährigen handele es sich um einen vierfachen Familienva­ter. Am Samstag habe er den Geburtstag seiner kleinen Tochter feiern wollen.

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Foto: Ben Grey, dpa Zieht die Polizei zur Rechenscha­ft, fordert dieser Mann. Im Hintergrun­d das brennende Schnellres­taurant in Atlanta.

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