Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Kaum ein Kunde will den Pflichtbon
Händler, Gastronomen und Handwerksbetriebe sehen die neue Vorgabe weiterhin sehr kritisch. Doch der Staat zeigt sich wenig kompromissbereit
Berlin Gut in halbes Jahr nach Einführung der Bonpflicht sehen Verbände den Zwang zum Aushändigen eines Belegs immer noch kritisch. „Die Bonpflicht war und ist überflüssig“, sagte ein Sprecher des Handelsverbands Deutschland (HDE). Sie sorge für Mehraufwand, dem kein zusätzlicher Nutzen gegenüberstehe. An den Kassen des Einzelhandels hätten sich Händler und Kunden daran gewöhnt, damit umzugehen. Die meisten Kunden verzichteten jedoch darauf, ihre Bons mitzunehmen.
In der Gastronomie hatte die Bonpflicht unterschiedliche Konsequenzen für die Betreiber. Für klassische Restaurants und Hotels sei das Aushändigen von Bons nichts Neues, hieß es vom Deutschen Hotelund Gaststättenverband (Dehoga). Anders sei das für Betreiber an Orten, an denen in kurzer Zeit viele Umsätze mit jeweils relativ kleinen Beträgen gemacht würden, wie etwa in Stadien und Festzelten.
Auch in Kneipen, Cafés und Imbissen sei der Anteil an Kunden, die einen Bon wollten, eher gering. Die verpflichtende Ausgabe für alle Betriebe sei bürokratisch, teuer und überflüssig, vor allem dann, wenn fälschungssichere Kassen genutzt würden. Auch Fleischer betonen, zusätzlich Belege auszugeben, sei eigentlich nicht erforderlich. Grundsätzlich habe sich im Kerngeschäft mit dem Inkrafttreten der Bonpflicht für die Metzger und Fleischer aber nicht viel geändert. „Da die Ware fast ausschließlich über die Waage verkauft wird, greifen in den Fleischereien die Bestimmungen der Belegausgabe für Gewichtsartikel, die in der Mess- und Eichverordnung geregelt sind“, hieß es beim Deutschen Fleischer-Verband.
Mitunter größere Veränderungen brachte die Bonpflicht im Bäckerhandwerk mit sich. „Auf beiden Seiten der Verkaufstheke herrscht Frust“, erklärte der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks.
Die Bonpflicht sei in ihrer derzeitigen Ausgestaltung nach wie vor ein großes Ärgernis. Täglich würden unnötig Papierberge produziert, ohne der Finanzverwaltung signifikante Vorteile zu bringen oder gegen Steuerbetrug zu helfen.
Sehr viele Bäcker stellten nach Angaben des Zentralverbands einen Antrag auf Befreiung von der Belegausgabepflicht. Diese Anträge wurden demnach fast ausnahmslos abgelehnt. Ausnahmen sind möglich, wenn die Belegpflicht unzumutbar ist, wie es etwa beim Finanzministerium Baden-Württemberg hieß. Die Schwelle dafür sei jedoch hoch.
Seit 1. Januar müssen Händler mit elektronischen Kassensystemen ihren Kunden bei jedem Kauf unaufgefordert einen Beleg aushändigen – ob in der Apotheke, beim Friseur oder beim Bäcker. Das soll Steuerbetrug verhindern. Einzelhandel und Handwerk hatten die Vorschrift als bürokratisch und überflüssig kritisiert.