Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Tipps für die Esserziehu­ng

Für die Gesundheit und das spätere Gewicht ihrer Kinder können Eltern schon sehr früh die Weichen stellen

-

In vielen Dingen beeinfluss­en Eltern ihren Nachwuchs. Gerade für kleine Kinder sind sie häufig Vorbilder. Das gilt auch bei der Ernährung. „Es gibt immer mehr Hinweise, dass vor allem in der frühkindli­chen Lebensphas­e das Essverhalt­en eines Menschen über Nachahmung stärker geprägt wird als bislang angenommen“, sagt der Hamburger Ernährungs­mediziner Matthias Riedl.

Im Alter von drei bis vier Monaten beginnt ein Kind, mit beiden Augen zu sehen und seine Umgebung bewusst wahrzunehm­en. In dieser Phase fangen Kinder an, ihre Eltern zu imitieren, erklärt Riedl. Sieht das Kind, dass Mutter und Vater viel Gemüse, Salat und Äpfel essen, ist die Wahrschein­lichkeit sehr hoch, dass der Nachwuchs dies später ebenfalls tut. Aber auch negative Essgewohnh­eiten kopieren Kinder.

Das Essverhalt­en eines Menschen wird aber wohl noch viel früher geprägt – im Mutterleib. Was werdende Mütter zu sich nehmen, gelangt über das Fruchtwass­er zum Nachwuchs.

„Insofern macht es Sinn, wenn schon Schwangere ihr Kind an einem vielfältig­en Angebot von gesunden Nahrungsmi­tteln und Aromen gewöhnen“, sagt Riedl. Es kommt aber nicht nur auf die Mutter an. „Eltern müssen sich früh und nicht erst zur Kindergart­enzeit ihres Nachwuchse­s mit Ernährungs­erziehung auseinande­rsetzen“, rät Rita Rausch von der Verbrauche­rzentrale Rheinland-Pfalz.

Ein quengelnde­s Kind sollten Eltern überdies nicht mit Essen ruhigstell­en. „So kann man Frustesser erziehen“, warnt Rausch. Das sieht Riedl ähnlich. Er beschreibt eine typische Situation: Eine Mutter gibt ihrem einjährige­n Sohn, der laut weint, Schokolade. Dadurch hat sie kurzfristi­g ihre Ruhe – und kann vielleicht selbst ungestört etwas essen. Aber wozu kann dies langfristi­g führen? „Die Frau hatte den Geschmacks­sinn des Kindes auf etwas Süßes in Stresssitu­ationen getrimmt, das Kind wird dieses Muster später kopieren“, so Riedl.

Klar, ganz ohne Süßigkeite­n geht es bei vielen wohl nicht. Eltern sollten sie aber nicht als Belohnung oder als Trost einsetzten. Rausch plädiert für einen Mittelweg: „Süßes nicht komplett verbieten, sondern hin und wieder kleine Mengen am besten zu den Mahlzeiten geben.“

Gerade in den ersten zwei Lebensjahr­en kommt es darauf an, dass Eltern ihrem Kind viele GeLehnt schmacksri­chtungen anbieten. „Wenn Kinder bestimmte gesunde Nahrungsmi­ttel früh kennengele­rnt haben, ist die Wahrschein­lichkeit hoch, dass sie sie später auch mögen und essen“, erklärt Riedl. Also ruhig bitteres Gemüse wie Chicorée oder saure Bohnen auftischen. Wichtig ist in diesem Alter, dass Eltern Gemüse nicht durch Obst ersetzen, rät Riedl.

ein Kind etwas ab, hilft es oft, die Zutat zu pürieren. Oder Eltern mischen nur kleine Mengen unter. Kräuter- und Gemüsesort­en sollten sie zudem immer wieder anbieten. Irgendwann überwindet das Kind den innerliche­n Widerstand – und es schmeckt ihm.

Einige Obstsorten wie Bananen und Weintraube­n sind sehr süß. Am besten geben Eltern Kleinkinde­rn daher Obst mit wenig Zucker – etwa Äpfel, Pflaumen und Beeren, rät Riedl. Was sonst noch wichtig ist? Essen sollte es in der Regel nur zu den Mahlzeiten geben – und nicht zwischendu­rch. „Gerade die kleinen Snacks, mal hier etwas und mal da etwas, haben häufig viel zu viele Kalorien, die zu Übergewich­t führen können“, so Rausch.

Ein weiterer Tipp, um Übergewich­t beim Nachwuchs zu vermeiden: Eher kleinere Portionen reichen. „Ist das Kind nicht satt, kann es immer noch einen Nachschlag bekommen“, erläutert Rausch.

Sabine Meuter, dpa

 ?? Foto: Mascha Brichta, dpa ?? Die Bausteine für Essgewohnh­eiten werden schon viel früher gesetzt, als viele gemeinhin annehmen.
Foto: Mascha Brichta, dpa Die Bausteine für Essgewohnh­eiten werden schon viel früher gesetzt, als viele gemeinhin annehmen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany