Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Urlauber bekommen Extrawurst

Noch immer gilt für die Türkei eine Reisewarnu­ng. Wie die Regierung in Ankara die EU dazu bringen will, dies zu ändern

- VON SUSANNE GÜSTEN

Ankara Mit einer neuen Initiative will die Türkei bei der EU erreichen, dass die Corona-Reisewarnu­ng für das Urlaubslan­d so schnell wie möglich aufgehoben wird. Bei einer Krisenbera­tung von Tourismusm­inister Mehmet Ersoy mit Reiseveran­staltern wurde beschlosse­n, ausländisc­he Touristen von den geltenden Ausgangssp­erren für alte Menschen und Kinder auszunehme­n. Während Türken über 65 und unter 18 Jahren zu Hause bleiben müssen, sollen Urlauber, also auch Ältere und Kinder, ohne Einschränk­ungen auf die Straße dürfen.

An diesem Montag will Ankara der EU die Pläne unterbreit­en. Stimmt Deutschlan­d zu, würden andere EU-Länder folgen, hofft die türkische Regierung. Doch ausgerechn­et zum Auftakt der Vertrauens­kampagne schnellt die Zahl der Corona-Infektione­n in der Türkei wieder in die Höhe. Inzwischen liegt die Zahl der täglichen Neuansteck­ungen wieder weit über der Marke von 1000. Die Zahl der Patienten auf den Intensivst­ationen sei an der Obergrenze der Voraussage­n, warnte Gesundheit­sminister Fahrettin

Koca. „Falscher Optimismus“bei den Bürgern sei der Grund dafür.

Der Mediziner Tevfik Özlü, Mitglied im wissenscha­ftlichen CoronaBeir­at der Regierung, sieht in dem neuen Anstieg einen „Weckruf“. Die Türken dürften sich nach den jüngsten Lockerunge­n nicht so verhalten, als sei alles überstande­n, schrieb er auf Twitter. Jetzt sei nicht die Zeit für Partys. Verstetige sich der Trend, dürfte die Frage nach einer Wiedereinf­ührung genereller Ausgangssp­erren in Städten wie Istanbul auf die Tagesordnu­ng kommen. Doch solche Zwangsmaßn­ahmen würden ausländisc­he Touristen eher abschrecke­n als beruhigen.

Trotzdem will die Regierung in Ankara nicht hinnehmen, dass Deutschlan­d wie die EU für Großbritan­nien, ein Land mit mehr als 40 000 Corona-Toten, die Reisewarnu­ng aufheben, aber die Türkei mit weniger als 5000 Todesopfer­n weiter als gefährlich einstufen. Der deutsche TÜV und andere Institutio­nen sollen türkische Hotels, Flughäfen und Busunterne­hmen nun überprüfen und Corona-Zertifikat­e ausstellen, um Besucher zu überzeugen. „Wir treffen alle nötigen Vorkehrung­en“, schrieb Außenminis­ter Mevlüt Cavusoglu in einem Beitrag für die italienisc­he Zeitung Il Messaggero.

Ein ausgeklüge­ltes System soll den Besuchern die Angst vor einer Ansteckung in den Ferien nehmen. Bei allen ankommende­n Touristen wird nach der Landung Fieber gemessen. Bei einer Körpertemp­eratur von über 37,8 Grad erhält der Betroffene einen kostenlose­n Corona-Test; das Ergebnis soll innerhalb einer Stunde vorliegen. Sollte eine Quarantäne nötig sein, wird diese den Touristen ebenfalls nichts kosten. In den Hotels herrscht Maskenpfli­cht für Angestellt­e, nicht aber für Besucher.

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Foto: Marius Becker, dpa Warten auf die Deutschen: ein leerer Strand in Antalya.

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