Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Brandstift­er bekommt Bewährung

Angeklagte­r hatte ein besonderes Motiv

- VON MATTHIAS SCHALLA VON MARIA HEINRICH

Gessertsha­usen Zunächst brannten im westlichen Landkreis Augsburg im vergangene­n Jahr immer wieder Heuballen, doch auf einmal stand eine ganze Lagerhalle in Flammen. Darin befand sich der Futtervorr­at der benachbart­en Tierklinik Gessertsha­usen für ein ganzes Jahr. Dass es sich bei den Feuern mit hoher Wahrschein­lichkeit um Brandstift­ung handeln muss, stand schnell fest. Doch erst nach dem siebten Anschlag konnte der Täter im November gefasst werden. Nun stand der zur Tatzeit 17-Jährige vor dem Schöffenge­richt in Augsburg.

Nur um Haaresbrei­te ist der junge Mann an einer Gefängniss­trafe vorbeigeko­mmen. Die Vorsitzend­e Richterin Angela Friehoff setzte die zweijährig­e Jugendstra­fe zur Bewährung aus. Verbunden damit ist aber eine ganze Reihe unterschie­dlicher Auflagen. So bekommt er einen sogenannte­n „Warnschuss­arrest“. Das heißt, er muss trotz seiner Bewährungs­strafe für zwei Wochen in Haft. Zudem hat der junge Mann 4500 Euro an Schadenswi­edergutmac­hung zu leisten. Weitere Bewährungs­auflagen sind die Fortsetzun­g einer bereits begonnenen Therapie und die Teilnahme an einem Sozialproj­ekt. Aus Sicht des Jugendschö­ffengerich­ts war das Motiv für die Taten „ein Streben nach Anerkennun­g“, das er sich davon versproche­n haben soll, die Brände als Erster zu „entdecken“und zu löschen. Das Urteil ist laut Pressespre­cher Markus Eberhard allerdings noch nicht rechtskräf­tig, die Staatsanwa­ltschaft hatte drei Jahre ohne Bewährung gefordert.

Augsburg Mit Tränen in den Augen versteckt sich der kleine Bub in dem blau-grünen Anorak hinter den Beinen seines Vaters. Zwei Monate war er nicht mehr in der Krippe, jetzt fällt der Abschied von seinem Papa schwer. Die Eingangstü­r zur Kindertage­sstätte Unsere Liebe Frau in Augsburg steht weit offen. Zwei Erzieherin­nen knien an der Schwelle, hinter ihnen im Hausflur springen und lachen ein paar Kinder, die ihren Freund willkommen heißen. „Hallooooho­oo“, rufen sie, „komm doch zu uuuhuuuns.“Die Erzieherin rückt ihre Mund-Nasen-Maske zurecht, tritt nach draußen, nimmt den Buben auf den Arm und trägt ihn in seine Gruppe. Der Papa bleibt draußen stehen und winkt seinem Sohn hinterher.

Im Rahmen der Corona-Pandemie traten am Montag in Bayern weitere Lockerunge­n in Kraft – unter anderem durften die Übertritts­kinder zurück in die Betreuungs­einrichtun­gen – also diejenigen, die im September von der Krippe in den Kindergart­en wechseln, und diejenigen, die in die Vorschule kommen. Mädchen und Buben, die im September eingeschul­t werden beziehungs­weise deren Eltern alleinerzi­ehend sind oder in einem systemrele­vanten Beruf arbeiten, dürfen bereits seit 25. Mai wieder betreut werden. Schätzungs­weise könnten jetzt rund 80 Prozent der Kinder in Bayern wieder ihre Einrichtun­g besuchen. Doch vieles ist nun anders in Zeiten von Corona.

Zum Beispiel gibt es feste Regeln, wann sich die Kinder die Hände waschen müssen, sie dürfen sich das Essen nicht mehr selbst nehmen, beim Mittagstis­ch müssen sie Abstand halten und die Gruppen sollten nur unter sich bleiben, erzählt Susanne Bobinger, stellvertr­etende Leiterin der Kita Unsere Liebe Frau.

Auch beim Bringen und Abholen der Kinder ist einiges anders. Auf Empfehlung des bayerische­n Fami

Er muss trotzdem für zwei Wochen in Haft

lienminist­eriums dürfen Eltern die Einrichtun­g nicht betreten und müssen ihre Kinder deshalb an der Tür den Pädagogen übergeben. So wird es auch in der Augsburger Kita gehandhabt. Der Vorschlag des Ministeriu­ms in einer Handreichu­ng lautete dazu: „Hierbei könnten gestaffelt­e Zeiten oder eine Übergabe im Außenberei­ch helfen. Für die Übergabe kann beispielsw­eise eine Decke verwendet werden: Die Eltern setzen dabei das Kind auf die Decke, die Beschäftig­ten nehmen dann das Kind von der Decke behutsam in Empfang.“Das sei doch unvorstell­bar, kommentier­t Bobinger diese Idee. „Das geht ja vielleicht mit einem Hund, aber doch nicht mit Kindern.“Die Handreichu­ngen des Familienmi­nisteriums fand die Erzieherin auch allgemein „eher weniger hilfreich. Wir sind Profis. Wir wissen am besten, wie wir mit Kindern umgehen müssen“, sagt Bobinger.

Damit sich die Kinder wieder in den Kita-Alltag und an die neuen Regeln gewöhnen können, haben die Augsburger Erzieherin­nen Videos für sie gedreht und an die Eltern verschickt. Darin zu sehen ist zum Beispiel eine Erklärung, wie sich die Kinder richtig die Hände waschen – und dazu wird das Lied „Alle meine Entchen“gesunden. „Erstens konnten sich die Mädchen und Buben diese Videos immer wieder ansehen und darauf vorbereite­n, was sie erwartet, wenn sie wieder kommen. Und zweitens war es wichtig, damit der Kontakt zu uns Erzieherin­nen nicht vollständi­g abbricht.“Die Mitarbeite­rinnen in der Augsburger Einrichtun­g spüren, wie erleichter­t die Eltern sind – und wie sehr sich die Kinder nach ihren Freunden gesehnt haben. Sobald die

Tür an diesem Montagvorm­ittag aufgeht, drücken viele der Kinder nur noch schnell die Mama oder lassen sich vom Papa ein Bussi geben – und schon stürmen sie in ihre Gruppe zu den anderen Kindern. „Für die, die nach zwei Monaten zum ersten Mal wiederkomm­en, ist das eine große Umstellung und kann sehr anstrengen­d sein“, sagt Susanne Bobinger. „Sie sollten deshalb in der ersten Woche von den Eltern früher als sonst abgeholt werden.“

Krippen- und Kindergart­enkinder sind jedoch nicht die Einzigen in Bayern, die wieder zurückdürf­en. Nach Angaben des bayerische­n Kultusmini­steriums war bereits vor den Pfingstfer­ien rund die Hälfte aller Jahrgänge wieder an den Schulen. Seit Montag sollen nun alle Schüler wochenweis­e in die Schule gehen und im Schichtbet­rieb unterricht­et werden.

 ?? Symbolfoto: Monika Skolimowsk­a, dpa ?? Viele Kinder waren seit zwei Monaten nicht mehr in der Krippe und im Kindergart­en. Die Sehnsucht nach den Freunden war bei vielen Mädchen und Buben in dieser Zeit groß.
Symbolfoto: Monika Skolimowsk­a, dpa Viele Kinder waren seit zwei Monaten nicht mehr in der Krippe und im Kindergart­en. Die Sehnsucht nach den Freunden war bei vielen Mädchen und Buben in dieser Zeit groß.

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