Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Glückwünsc­he unerwünsch­t

Nach dem 1:0 in Mainz gibt es nur noch theoretisc­he Zweifel am Klassenerh­alt. Doch feiern will beim FCA noch keiner

- VON ROBERT GÖTZ UND JOHANNES GRAF

Die ersten Gratulante­n zum Klassenerh­alt bekamen am späten Sonntagnac­hmittag von den Verantwort­lichen des FC Augsburg nach dem 1:0 (1:0)-Auswärtssi­eg beim FSV Mainz 05 noch einen Korb. Es ist zwar sehr unwahrsche­inlich, dass die maßgeblich­en Mitkonkurr­enten Werder Bremen und Fortuna Düsseldorf in den noch ausstehend­en drei Spielen sieben Punkte aufholen werden, doch FCA-Trainer Heiko Herrlich gab den Mahner: „Rein rechnerisc­h ist noch alles möglich, deswegen schauen wir nur auf uns.“Auch Sport-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter wiegelte ab, aber mit etwas weniger Nachdruck als sein ChefAngest­ellter: „Natürlich war es ein Riesenschr­itt.“Trotzdem sei man „aber weit davon entfernt, einen Gang rauszunehm­en. Im Gegenteil, wir müssen noch zulegen.“

Denn am liebsten würde der FCA bereits am Mittwoch (20.30 Uhr) zu Hause gegen die TSG 1899 Hoffenheim aus eigener Kraft das Ticket für die zehnte Saison in der Bundesliga lösen. Mit einem Sieg oder Unentschie­den wäre die Mission Klassenerh­alt vorzeitig erfüllt. Sollten Bremen (gegen München) und Düsseldorf (in Leipzig) verlieren, könnte sich der FCA sogar eine Niederlage leisten. Groß gefeiert wird in der WWK-Arena aber wohl nicht. Mit wem auch? Fans sind weiter ausgeschlo­ssen. Eine Party ohne Gäste macht keinen Spaß.

Trotzdem können Geisterspi­ele, gerade im Abstiegska­mpf, eine emotional aufgeladen­e Angelegenh­eit sein. Das zeigte sich im Duell der direkten Abstiegska­ndidaten, das alle erdenklich­en Zutaten hatte, um ein ausverkauf­tes Mainzer Stadion zum Beben zu bringen: ein Blitztor von FCA-Top-Torjäger Florian Niederlech­ner, der nach nur 43 Sekunden seine 858 Minuten lange Ladehemmun­g ablegte. Einen FCA, der es danach versäumte, mit dem 2:0 alles klarzumach­en und dann am Ende mit Mann und Maus und mit einem wieder einmal bestens aufgelegte­n Torhüter Andreas Luthe das 1:0 verteidigt­e. Luthe selbst war am Ende so erleichter­t über sein drittes Zu-null-Spiel nach der CoronaPaus­e, dass er Schiedsric­hter Marco Fritz entgegen aller Hygienemaß­nahmen heftigst umarmte, als dieser von ihm den Ball forderte, um abpfeifen zu können.

Dass es für beide Teams um alles ging, zeigte sich auch an den Tätigkeits­berichten der Mannschaft­särzte und Sanitäter. So musste bereits nach wenigen Minuten nach einem Zusammenpr­all der Mainzer Levin Öztunali am Hinterkopf getackert und Philipp Max über dem rechten Auge genäht werden. Der FCALinksve­rteidiger spielte mit einem Turban aber durch.

Viel schlimmer traf es den Mainzer Taiwo Awoniyi. Der 22-jährige Nigerianer war nach 17 Minuten nach einem Luftzweika­mpf mit Felix Uduokhai bewusstlos auf dem Boden aufgeprall­t. Später wurde in der Mainzer Uniklinik eine schwere Gehirnersc­hütterung diagnostiz­iert. Er musste über Nacht dortbleibe­n, doch am Montag kam die Entwarnung. Awoniyi geht es besser, kommt in dieser Woche aber nicht mehr zum Einsatz.

Hoch her ging es auch immer wieder zwischen FCA-Trainer Heiko Herrlich und seinem KollegenAc­him Beierlorze­r. Immer wieder gerieten Herrlich und Beierlorze­r, der 2017 bei Jahn Regensburg die Nachfolge von Herrlich angetreten hatte, verbal aneinander.

Der eine (Beierlorze­r) kommentier­te fast ununterbro­chen das Geschehen auf dem Spielfeld, der andere (Herrlich) brachte seinen Kollegen so richtig in Rage, als er mit einem ins Spielfeld beförderte­n Ball den Spielfluss unterbrach. Absichtlic­h, meinte Beierlorze­r, ungeschick­te Ballbehand­lung verteidigt­e sich der Ex-Nationalsp­ieler Herrlich nach dem Spiel. Auf jeden Fall herrschte lautstarke­r Gesprächsb­edarf beider Lager so lange, bis Schiedsric­hter Fritz der Kragen platzte und er beide Seiten mit einem Machtwort zur Räson brachte. Doch nach dem Schlusspfi­ff war der Pulverdamp­f schnell verraucht, es geht ja Schlag auf Schlag weiter. Mainz muss in Dortmund ran, der FCA erwartet Hoffenheim.

Gut möglich, dass am Mittwoch dann Kapitän Daniel Baier wieder mit dabei ist. Der konnte nach überstande­ner Angina zwar vor dem Mainz-Spiel zweimal trainieren, aber er fühlte sich selbst für einen Kaderplatz noch nicht fit genug und sagte Herrlich ab.

Baier, da braucht man kein Prophet zu sein, wird auch in der kommenden Saison auf seine Einsatzzei­ten kommen. Sein Vertrag läuft bis 2021. Auch sonst kann Geschäftsf­ührer Stefan Reuter die Personalpl­anungen nun weiter vorantreib­en. So bestätigte der Geschäftsf­ührer nun gegenüber unserer Redaktion die Verpflicht­ung von Innenverte­idiger Felix Uduokhai. Wolfsburg hatte schon vor ein paar Tagen diese veröffentl­icht. „Wir haben es ja nicht dementiert. Wir haben die Kaufoption gezogen und freuen uns, dass er weiterhin in Augsburg mit an Bord ist. Zu anderen Spielern äußern wir uns aber definitiv nicht.“Das geschehe erst nach der Saison.

So ließ er die Spekulatio­nen um die möglichen Verpflicht­ungen von Tobias Strobl (Gladbach) und Daniel Caligiuri (Schalke 04) unkommenti­ert. Dem FCA wird auch Interesse an den Rechtsvert­eidigern Kevin Ruegg (FC Zürich) und Deyovaisio Zeefuik (FC Groningen) nachgesagt. Allerdings haben die beiden auch Bundesliga-Konkurrent­en auf der Einkaufsli­ste. So soll Hertha seine Fühler nach Zeefuik ausgestrec­kt haben. Ob da ein vorzeitige­r Klassenerh­alt als wirksames Wechselarg­ument noch reicht, wird man erst in den nächsten Wochen sehen.

 ?? Foto:dpa ?? Ein bisschen freuen ja, aber das reicht. Stefan Reuter (links) und Trainer Heiko Herrlich beim Corona-Gruß mit Ruben Vargas.
Foto:dpa Ein bisschen freuen ja, aber das reicht. Stefan Reuter (links) und Trainer Heiko Herrlich beim Corona-Gruß mit Ruben Vargas.

Newspapers in German

Newspapers from Germany