Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kantine-Chef fordert neue Bedingunge­n für Klubs

Wann Discos und Bars wieder öffnen dürfen, ist noch unklar. Sebastian Karner hat sich mit vielen Betreibern von Nachtlokal­en aus ganz Deutschlan­d zusammenge­tan, um auf die schwierige Situation aufmerksam zu machen

- VON MIRIAM ZISSLER

Sebastian Karner sitzt im Weissen Lamm. Am Nachmittag sind innen wie außen einige Plätze besetzt. Voll ist es zu Corona-Zeiten freilich nicht. „Wir haben seit Mitte Mai wieder geöffnet. Es herrscht eher ein Restaurant- als ein Bar- oder Klubbetrie­b. Die Gäste sitzen mit dem nötigen Abstand zueinander.“Der Gastronom und Klubbetrei­ber ist froh, dass er das Lamm wieder öffnen konnte. „Wir hatten schon Bedenken, unsere Gäste würden aufgrund der strengen Auflagen nicht mehr kommen. Aber dem ist nicht so.“

Wann die Musikkanti­ne und die Soho-Stage wieder öffnen dürfen, steht allerdings noch in den Sternen. Anstehende Konzerte sind mit Beginn der Corona-Krise auf die Zeit nach Anfang September verschoben worden. „Ich gehe davon aus, dass wir sie nochmals verschiebe­n werden. Das wird bei manchen Terminen dann das zweite oder dritte Mal sein, aber es war ja von Anfang an gar nicht klar, wie lange das alles andauern würde.“Nach wie vor gibt es keine Perspektiv­e für Nachtklubs.

Karner habe sich sofort um sämtliche Hilfestell­ungen bemüht. Seine

Mitarbeite­r befinden sich in Kurzarbeit, er habe Gelder aus den Soforthilf­eprogramme­n des Freistaate­s und des Bundes erhalten, daneben konnte die Tilgung der Kredite für die gerade erst sanierte Kantine am Kö ausgesetzt werden. Außerdem stehe er im Kontakt mit den Vermietern. „Wir befinden uns im guten Austausch. Sie haben Verständni­s.“Die Hilfestell­ungen des Freistaate­s und des Bundes für die ersten drei Monate seien gut gewesen. „Aber was kommt jetzt? Ich mache mir Sorgen um die Szene, die privatwirt­schaftlich­en Liveclubs in Deutschlan­d.“Als Klubbetrei­ber wisse er um die Situation in der Szene. Bereits vor der Corona-Krise habe kein Klubbetrei­ber so viel verdient, dass großartig Rücklagen hätten gebildet können. „Fast niemand könnte einen zusätzlich­en Kredit bedienen“, weiß er.

Karner ist Mitglied der Augsburger Club- und Kulturkomm­ission. Er engagiert sich nun aber auch mit zahlreiche­n nationalen Klubs wie Docks & Prinzenbar in Hamburg, Berghain, Panorama Bar und Säule in Berlin, dem Gloria in Köln oder dem Pacha in München für neue Rahmenbedi­ngungen. Die würden sie brauchen, da noch über Jahre hinweg mit Umsatzeinb­rüchen und höheren Kosten zu rechnen sei, heißt es in einer gemeinsame­n Mitteilung. Die Betreiber fordern eine Umgestaltu­ng der Kreditprog­ramme.

So müssten unter anderem Laufzeiten verlängert und Tilgungsau­ssetzungen ermöglicht werden. „Wir fordern einen Fixkostenz­uschuss für weiterlauf­ende Kosten, wie Lohnbuchha­ltung, Leasing, Telefon und Versicheru­ngen“, sagt Karner. Betroffene Unternehme­n sollten monatlich zwei Prozent des durchschni­ttlichen Jahresumsa­tzes aus dem Jahr 2019 bekommen – bis zur Wiederaufn­ahme des Normalbetr­iebes. Die Bedingunge­n der Kurzarbeit sollten angepasst, der ermäßigte Mehrwertst­euersatz von sieben

Prozent auch auf Getränke und Speisen bei Konzerten gelten.

„Wir sind die ersten Betriebe, die wegen Corona geschlosse­n haben, und wir werden die letzten Betriebe sein, die wieder aufmachen“, sagt Karner, der Verständni­s für die Vorschrift­en habe. Allerdings würde die „Unplanbark­eit“den Betreibern der Liveclubs stark zusetzen. Er befürchtet, dass etliche Klubs nie wieder aufsperren werden.

Weil Klubbetrei­ber keine Lobby haben, mache er sich für den Erhalt stark. „Klubs sind sozio-kulturelle Treffpunkt­e und stellen damit den sozialen Klebstoff für einen Teil unserer Gesellscha­ft dar. Zahlreiche Klubs sind deshalb identitäts­prägend für ihre Stadt oder Region.“Sie zu verlieren würde für Karner gleichzeit­ig bedeuten, jahrzehnte­lange Aufbauarbe­it gering zu schätzen, und zahlreiche­n Menschen die Möglichkei­t zu nehmen, ihre Form von Kultur zu leben.

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Foto: Bernd Hohlen Klubs wie die Kantine in Augsburg sind wegen der Corona-Krise weiter geschlosse­n. Betreiber Sebastian Karner fordert staatliche Hilfen für die Szene.
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Sebastian Karner

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