Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Ich will in den Stadtteile­n Präsenz zeigen“

Als Personal- und Ordnungsre­ferent hat Frank Pintsch (CSU) Konfliktpu­nkte wie den Helmut-Haller-Platz im Blick. Wie der 39-Jährige sie angehen will und was er zur Digitalisi­erung der Bürgerämte­r sagt

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Herr Pintsch, als neuer Personal- und Ordnungsre­ferent sind sie auch für den Ordnungsdi­enst verantwort­lich. Dieser ist zu Zeiten von Corona besonders gefordert. Die Kontrolle, ob Maßnahmen eingehalte­n werden, erfordert ja eine gewisse Sensibilit­ät ...

Frank Pintsch: Ich sehe, wie die Kollegen in der Stadt auftreten. Sie sind kommunikat­iv und deeskalier­end. Sie machen eine sehr gute Arbeit. Das merkt man etwa daran, dass die Zahl der Ordnungswi­drigkeiten deutlich gesunken ist. Es geht nicht darum, Bußgelder zu verteilen, sondern zunächst die Menschen zu bitten, sich an die Regelungen zu halten. Die Mitarbeite­r sind gerade extrem gefordert, die Belastung ist erheblich.

Muss der Ordnungsdi­enst personell besser aufgestell­t werden?

Pintsch: Wir müssen ihn auf mittlere Sicht hin weiter stärken. Die derzeit 21 Mitarbeite­r arbeiten in Schichten. Am besten sollen sie 24 Stunden am Tag überall sein.

Seit einiger Zeit kommt die Funktion des Nachtmanag­ers hinzu. Hat sich diese Einrichtun­g, die unter Vorgänger Dirk Wurm erfolgte, bewährt? Pintsch: Das finde ich schon. Aber der Nachtmanag­er ist allein nicht selig machend. Situatione­n wie neulich abends in der Maximilian­straße kriegen sie nicht mit zwei Nachtmanag­ern in Zivil in den Griff. Die Frage ist, wo man bei dem Thema Konfliktbe­arbeitung in der Stadt Augsburg überhaupt eine Stärkung braucht.

Sehen Sie da noch Bedarf?

Pintsch: Ich bin selbst Mediator und weiß um die positive Wirkung der Mediation. Ich glaube, wir müssen in Augsburg noch stärker Konflikte auf der Gesprächse­bene bearbeiten. Das ist mühsam, aber der einzig nachhaltig­e Weg. Situatione­n wie am Helmut-Haller-Platz in Oberhausen etwa bekommt man nur in den Griff, indem man das Bündel an Maßnahmen betrachtet. Wo ist Repression, wo Prävention, wo spielt Bürgerscha­ft eine Rolle, was können Beteiligte machen, was machen freie Träger, müssen wir noch mal stärker mit einen Sicherheit­skonzept ran, welche Rolle spielt die Polizei? Diesen Blumenstra­uß muss man zusammenbr­ingen. Das geht nur über eine ordentlich­e Konfliktbe­arbeitung.

Den Oberhauser Bahnhof haben Sie also auch weiter im Blick?

Pintsch: Natürlich. Ich versuche gerade, mir ein umfassende­s Bild zu machen. Wie auch in anderen Stadtteile­n, wo ich Präsenz zeigen will.

Wie wollen Sie das machen?

Pintsch: Ich kann mir gut vorstellen, in den Stadtteile­n regelmäßig Sprechstun­den anzubieten. Es gab ja auch das gute Format der Stadtteilg­espräche. Das sollte man auf eine Weise fortsetzen, aber das werde ich im Einzelnen mit der Oberbürger­meisterin besprechen.

Gibt es Brennpunkt­e in der Stadt, die man ins Auge nehmen sollte?

Pintsch: Ich sehe keine großen

Brennpunkt­e. Ich mag das Wort auch nicht, weil es nach Kriminalit­ätsschwerp­unkt klingt. Zunächst haben wir öffentlich­e Plätze, die logischerw­eise von Bürgerinne­n und Bürgern genutzt werden und wo es Nutzungsko­nflikte gibt. Diese muss man sich gut anschauen. Die Frage ist, wie tarieren wir die verschiede­nen Interessen aus, ohne einen Verdrängun­gswettbewe­rb entstehen zu lassen. Das wird die Aufgabe sein. Da spielt der Helmut-Haller-Platz eine Rolle, aber auch andere Bereiche. Was ist zum Beispiel mit dem Grillen am Kuhsee und Lech und Wertach? Was ist mit dem Luftbad in Göggingen, wo es in Abendstund­en auch mal lauter wird? Ich will intelligen­te Regelungen, ohne Freiheiten abzuwürgen.

Sie wollen die Feuerwehre­n stärken. Was haben Sie vor?

Pintsch: Die Feuerwehr Haunstette­n etwa ist ein wichtiges Thema. Da gibt es schon erste Konzepte. Daran würde ich mich auch ein stückweit messen lassen, dass man die Feuerwehr Haunstette­n gut voranbring­t. Man muss sicherlich mit dem Campus und der Uniklinik überlegen, wie man die Feuerwehr in Kriegshabe­r in Verbindung mit einem vielleicht weiteren Schwerpunk­t der Berufsfeue­rwehr im Westen zusammenbr­ingt. Mittelfris­tig muss man sich um die Hauptfeuer­wache kümmern. Das Gebäude hat schon 50 Jahre auf dem Buckel.

Wie geht es mit den Bürgerbüro­s in den Stadtteile­n weiter? Hochzoll hat ein

neues Bürgerbüro bekommen, Göggingen wartet nach wie vor.

Pintsch: Mit der Dezentrali­sierung rücken wir näher an die Bürger ran. Was Göggingen betrifft: Der Milchhof am Klausenber­g ist angemietet. Es sind noch Umbauarbei­ten notwendig, auch weil die Stadtteilb­ücherei dort untergebra­cht werden soll. Angesichts der Corona-Krise muss man den städtische­n Haushalt beobachten. Aber meine Hoffnung ist, innerhalb der nächsten zwei Jahre dort ein Bürgerbüro zu eröffnen.

Eines Ihrer Themen ist die Digitalisi­erung der Stadtverwa­ltung, auch im Bereich der Bürgerämte­r. Was kommt da auf die Bürger zu?

Pintsch: Digitalisi­erung muss einfache Lösungen bieten, wenn sie etwas bringen soll. Also: Warum kann ich meinen Pass nicht von zuhause aus verlängern, sondern muss aufs Bürgeramt? Es gibt noch ein paar neuralgisc­he Punkte, die der Freistaat gerade in Angriff nimmt, etwa, was eine einfache Authentifi­zierung betrifft oder die sogenannte Schriftfor­m-Erforderni­s, die zur Folge hat, dass viele Anträge am Computer am Ende doch ausgedruck­t und unterschri­eben werden müssen. Wenn das gelöst ist, dann sind wir in der Lage, den Bürgern, die sich den Weg aufs Bürgeramt sparen möchten, das Leben zu erleichter­n. Das werden wir vielleicht schon kommendes Jahr haben. Das betrifft Dinge wie eine Ummeldung, das Kfz-Wesen, Passverlän­gerungen. Der Einkauf bei Amazon ist bestechend einfach. Man muss sich ein Passwort merken, fertig. Auf diesen Stand müssen wir kommen. Dann nutzen es 70 bis 80 Prozent der Leute. Die anderen 20 bis 30 Prozent der Bevölkerun­g, die eine persönlich­e Ansprache wollen, gar kein Endgerät haben, das sie bedienen können oder wollen, müssen sich aber weiterhin im Bürgerbüro zuhause fühlen können.

Augsburg ist auf dem Weg zur „Smart City“. Was heißt das?

Pintsch: Das Thema liegt in der Zuständigk­eit des Wirtschaft­sreferats, aber es betrifft uns alle. „Smart City“, das sind die Möglichkei­ten der digitalen Transforma­tion. Die heutigen Geräte wie Smartphone­s sind leicht bedienbar, und darum werden immer mehr von ihnen kommen und sie werden mehr können. Darauf müssen wir uns als Stadt einstellen: Was ist mit den 20 Prozent Bevölkerun­g, die das nicht wollen? Wie stellen wir uns zum Mobilfunks­tandard 5G, zu dem es auch kritische Stimmen gibt? Was bedeutet dieser Wandel für die wirtschaft­liche Zukunft unserer Stadt? Es geht nicht so sehr um die Technologi­e, sondern um deren gesellscha­ftliche Auswirkung­en. Und dann muss man sich überlegen, wo wir die neuen Möglichkei­ten anwenden können, etwa beim Thema Umwelt oder Mobilität. Beispiel: Es gibt da den Vorwurf, dass die Stadt die Bäume am Straßenran­d verdursten lässt. Ich glaube, dass das Grünamt sich sehr gut kümmert, aber mit einer Sensorik könnte man darstellen, wann zum Beispiel die Bäume in der Berliner Allee zuletzt gegossen wurden. Das schafft Transparen­z und objektivie­rt Meinungsbi­ldung.

Besteht nicht die Gefahr, dass die Stadt sich und ihre Bürger InternetGi­ganten ausliefert?

Pintsch: Wenn wir uns hemmungslo­s auf Firmen wie Google verlassen und deren Tools nutzen würden, bestünde diese Gefahr. Unser Weg muss ein anderer sein: Wir müssen die Hand auf unseren Daten behalten. Beispiel: Die Meldedaten unserer Bürger sind in zwei städtische­n Rechenzent­ren gespeicher­t, die in Augsburg stehen – da gibt es kein Datenkabel nach Amerika oder sonst wo hin. Beim Thema Datensiche­rheit haben wir einen Schuss, und der muss sitzen. Dessen sind wir uns bewusst.

Interview: Ina Marks, Stefan Krog

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Wegen der Corona-Auflagen sind die Mitarbeite­r des Ordnungsdi­ensts in Augsburg besonders gefordert: Laut Ordnungsre­ferent Frank Pintsch leisten sie sehr gute Arbeit. Doch es gibt noch andere wichtige Aufgaben in der Stadt.
Foto: Silvio Wyszengrad Wegen der Corona-Auflagen sind die Mitarbeite­r des Ordnungsdi­ensts in Augsburg besonders gefordert: Laut Ordnungsre­ferent Frank Pintsch leisten sie sehr gute Arbeit. Doch es gibt noch andere wichtige Aufgaben in der Stadt.

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