Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Aus dem Landrat soll ein Landrä*tin werden
Die Geschäftsordnung des Kreistags unterschlägt die Frauen. Nun ist eine Änderung in Sicht
Landkreis Augsburg Für die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler war die Sache bislang immer klar: Wo Landrat drauf steht, ist auch ein Landrat drin und so war der Chef im Augsburger Landratsamt seit 1948 immer ein Mann. Auch ansonsten scheint die Landkreispolitik eher Männersache: Im aktuellen Kreistag sitzen 47 Kreisräte und 23 Kreisrätinnen. Doch nicht nur zahlenmäßig sind die Damen dort im Hintertreffen. In der bisherigen Geschäftsordnung des Kreistages werden sie komplett unterschlagen – sprachlich gesehen: Wenn dort von Kreisräten die Rede ist, sind die Damen mitgemeint.
Damit muss es nun vorbei sein, finden die Grünen. Die Geschlechter
– seit Ende vergangenen Jahres sind es in Deutschland per Gesetz drei – müssten in der Geschäftsordnung des höchsten demokratischen Gremiums im Landkreis sichtbar werden. Die Grünen-Fraktionschefin Silvia Daßler begründete den Vorstoß so: „Sprache bildet Bewusstsein.“In diesem sollten auch die Kommunalpolitikerinnen aus dem Landkreis verankert werden.
Und so sollen nach den Vorstellungen der Grünen aus Kreisräten mithilfe des sogenannten Gendersterns Kreisrät*innen werden, und auch der Landrat bekommt einen hoch gestellten Asterisken, wie das Sternchen typografisch korrekt heißt, verpasst. Fertig ist der/die/ das Landrä*tin.
Vertreter der anderen Fraktionen im Kreisausschuss hatten im Grundsatz
nichts gegen den Vorstoß der Grünen, sorgten sich aber um die praktische Umsetzung. „Die Lesbarkeit sollte im Vordergrund stehen“, sagte Melanie Schappin (Fraktionschefin FW) und schlug vor, die Damen doch als „Fußnoten“in die Geschäftsordnung einzufügen, was wiederum Daßler „fast rebellisch werden ließ“. Ihr Gegenvorschlag: Genauso gut könne die männliche Bezeichnung in der Fußnote landen. Was wohl hieße: Der Landrat stünde dann ganz unten.
Möglicherweise finden aber Mitarbeiter des Augsburger Landratsamtes in der Geschäftsordnung des Kreistags noch einen anderen Platz für ihren Chef. Ihnen wurde nämlich auf Vorschlag von Harald Güller (SPD) die Aufgabe übertragen, geschlechtsneutrale Formulierungen zu finden und in die Geschäftsordnung einzubauen, über die dann der Kreistag entscheiden kann. Weitere Debatten sind also möglich.
Sailer wehrt sich gegen einen Ältestenrat
Vielleicht werden Kreisrät*in und Landrä*tin auch zum Fall für die Runde des Fraktionsvorsitzenden. Dort pflegt Landrat Martin Sailer (CSU) bislang in vertraulichem Rahmen heikle Fragen vorzubesprechen. Die Grünen-Fraktion, inzwischen zweitstärkste Kraft im Augsburger Kreistag, würde diese informellen Treffen gerne durch einen Ältestenrat ersetzen, dessen Zusammensetzung feststeht und über dessen Beratungen Protokoll geführt wird. Diese Neuerung sei ein Beitrag zu mehr Transparenz, so der stellvertretende Grünen-Fraktionschef Alexander Kolb.
Ob es den Ältestenrat in dieser Form tatsächlich geben wird, ist noch offen. In seiner Sitzung am Montag vertagte der Kreisausschuss eine Entscheidung. In der Debatte machte Landrat Sailer deutlich, dass er von einem Ältestenrat für den Kreistag wenig hält. „Da werde ich nicht zustimmen.“Er habe den zwanglosen Austausch im Kreise der Fraktionsvorsitzenden bislang als „sehr wohltuend“empfunden, weil man sich dort vertraulich unterhalten habe. Komme der Ältestenrat, werde er die Runde der Fraktionschefs nicht mehr einberufen, kündigte Sailer an. Das habe Folgen: „Dann werden bestimmte Infos nicht mehr transportiert.“