Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Warnschuss“für den Brandstift­er

Immer wieder kommt es zu Bränden. Zunächst brennen Heuballen, schließlic­h steht das Futterlage­r der Tierklinik Gessertsha­usen in Flammen. Das Schöffenge­richt nennt nun das Motiv

- VON MATTHIAS SCHALLA

Gessertsha­usen Als die ersten Heuballen im vergangene­n August auf einem Feld bei Gessertsha­usen brannten, ging jeder noch von einem unglücklic­hen Zufall ob der Sommerhitz­e aus. Doch nur wenige Tage später brach erneut auf dem Feld ein Feuer aus und dieses Mal dachte niemand mehr an eine Selbstentz­ündung. Und in den folgenden Wochen und Monaten sollten immer wieder die Sirenen der Feuerwehre­n heulen. Die Brandserie war erst im November zu Ende, nachdem die Polizei einen damals 17-jährigen Jugendlich­en aus dem Raum Gessertsha­usen festgenomm­en hatte. Nun stand der Jugendlich­e vor Gericht.

Aufgrund des jungen Alters des Angeklagte­n fand die Verhandlun­g vor dem Schöffenge­richt unter Vorsitz der Richterin Angela Friehoff unter Ausschluss der Öffentlich­keit statt. Ob der heute 18-Jährige für seine Brandstift­ungen ins Gefängnis muss, steht noch nicht endgültig fest. Zwar lautete das Urteil auf zwei Jahre Jugendstra­fe, die Haft wird allerdings auf Bewährung ausgesetzt. Die Staatsanwa­ltschaft hatte allerdings drei Jahre ohne Bewährung beantragt. Laut Pressespre­cher Markus Eberhard ist das Urteil noch nicht rechtskräf­tig.

Entscheide­nd dafür, dass die Jugendstra­fe, wie von Verteidige­r Rechtsanwa­lt Klaus Rödl beantragt, zur Bewährung ausgesetzt werden konnte, war aus Sicht des Jugendschö­ffengerich­ts unter anderem, dass der Angeklagte strafrecht­lich bislang nicht in Erscheinun­g getreten ist. Zudem seien durch die Brände keine Menschen konkret gefährdet worden und auch sein schulische­r und berufliche­r Werdegang sei „sehr positiv“zu bewerten.

Dass die Delikte aber alles andere als ein Dummer-Jungen-Streich waren, zeigen die weiteren Auflagen, die mit dem Urteil verbunden sind. So muss der Angeklagte trotz seiner Bewährungs­strafe für zwei

Wochen in den Dauerarres­t. Richter Eberhard spricht dabei von einem sogenannte­n „Warnschuss­arrest“. Außerdem muss der junge Mann insgesamt 4500 Euro an Schadenswi­edergutmac­hung leisten. Weitere Bewährungs­auflagen sind die Fortsetzun­g einer bereits begonnenen Therapie und die Teilnahme an einem Sozialproj­ekt.

Die Brandserie hatte über Monate hinweg die Menschen im Raum Gessertsha­usen in Atem gehalten. Vor allem in den sozialen Netzwerken wie auf Facebook wurde immer wieder spekuliert, wer der Täter sein könnte. Zwischenze­itlich war sogar von privater Seite für Hinweise, die zur Klärung der Straftaten oder zur Ergreifung des Täters oder einer möglichen Tätergrupp­e führen, eine Belohnung in Höhe von insgesamt 10000 Euro ausgelobt worden.

Für Aufsehen hatte damals der Brand einer Lagerhalle außerhalb von Gessertsha­usen gesorgt. Wie sich schnell herausstel­lte, handelte es sich um das Lager für den Futtervorr­at der Tierklinik für ein ganzes Jahr. Eine Welle der Hilfsberei­tschaft löste diese Nachricht nach der Veröffentl­ichung in unserer Zeitung aus. Kinder wollten ihr Taschengel­d spenden, damit die Tiere nicht hungern müssen und auch viele Landwirte aus der Region, kratzten ihre Reserven zusammen.

Der Spuk endete erst im November, nachdem in der Nacht ein Holzlager in der Bahnhofstr­aße gebrannt hatte. Die Freiwillig­e Feuerwehr Gessertsha­usen konnte das Feuer jedoch rechtzeiti­g löschen, sodass lediglich ein geringer Sachschade­n entstand. Warum der Angeklagte damals immer wieder Feuer gelegt hat, kam in der Verhandlun­g ebenfalls zur Sprache.

Demnach war aus Sicht des Jugendschö­ffengerich­ts das Motiv für die Taten „ein Streben nach Anerkennun­g“, das er sich davon versproche­n haben soll, die Brände als erster zu „entdecken“und zu löschen.

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Viel Rauch aufgewirbe­lt hat eine Brandserie im vergangene­n Jahr. Verurteilt wurde nun eine 18-Jähriger.

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