Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ins Hintertreffen geraten
Für eine Stadt ihrer Größenordnung hatte Augsburg bisher eine äußerst bunte und vielgestaltige Kulturszene. Dass dies nicht nur dem Amusement der Bürger zugute kommt, sondern auch dem Ansehen der Stadt, nehmen Politiker erfreut wahr und sprechen gern Grußworte zur Eröffnung von Festivals, bei der Verleihung von Preisen oder bei Ausstellungsvernissagen. Mitglieder des Kulturausschusses sieht man bei dieser Gelegenheit übrigens ebenfalls.
Auch bei der alternativen Kulturausschusssitzung waren einige da – genauer gesagt vier, die mit einem Einspruch verhindert hätten, dass die Sitzung des städtischen Kulturausschusses abgesagt wird. Umso unverständlicher ist es, dass die Kulturpolitiker offenbar keinerlei Bedarf am Austausch über das Kulturleben in dieser besonderen Zeit haben. Dass sie nicht interessiert waren an der aktuellen Lage der Künstler. Dass sie keine Ideen oder Konzepte debattiert haben, um Perspektiven für das Kulturleben mit und nach Corona zu entwickeln. Dass sie offenbar aber auch nicht wissen wollen, wie es um die Kultur in der Stadt bestellt ist, etwa um die Verlängerung der Verträge von Staatsintendant und Generalmusikdirektor, die in diesem Sommer ansteht. Das Signal, das sie gegeben haben, ist fatal: Die Kultur ist ins Hintertreffen geraten bei der neuen Stadtregierung. Dafür sprach schon die Entscheidung, die Referate Kultur und Sport zusammenzulegen. Auch die vielversprechende Initiative der neuen Oberbürgermeisterin Eva Weber Ende April zur Unterstützung der Kulturszene kam letztendlich erst durch einen Brandbrief der Kulturschaffenden zustande.
Die müssen sich aber auch selbst kritisieren, wenn sie das kulturpolitische Vakuum beklagen, das ja auch dadurch entstanden ist, dass die Referentenstelle noch nicht besetzt ist. Hatten sie doch immer wieder gefordert, dass die Stelle ausgeschrieben werden müsse, um einen Fachmann mit Expertise zu bekommen. Der wird nun sehnsüchtig erwartet bei allen Kulturfreunden, denn der hat reichlich zu tun.