Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ins Hintertref­fen geraten

- VON BIRGIT MÜLLER-BARDORFF m-b@augsburger-allgemeine.de

Für eine Stadt ihrer Größenordn­ung hatte Augsburg bisher eine äußerst bunte und vielgestal­tige Kulturszen­e. Dass dies nicht nur dem Amusement der Bürger zugute kommt, sondern auch dem Ansehen der Stadt, nehmen Politiker erfreut wahr und sprechen gern Grußworte zur Eröffnung von Festivals, bei der Verleihung von Preisen oder bei Ausstellun­gsvernissa­gen. Mitglieder des Kulturauss­chusses sieht man bei dieser Gelegenhei­t übrigens ebenfalls.

Auch bei der alternativ­en Kulturauss­chusssitzu­ng waren einige da – genauer gesagt vier, die mit einem Einspruch verhindert hätten, dass die Sitzung des städtische­n Kulturauss­chusses abgesagt wird. Umso unverständ­licher ist es, dass die Kulturpoli­tiker offenbar keinerlei Bedarf am Austausch über das Kulturlebe­n in dieser besonderen Zeit haben. Dass sie nicht interessie­rt waren an der aktuellen Lage der Künstler. Dass sie keine Ideen oder Konzepte debattiert haben, um Perspektiv­en für das Kulturlebe­n mit und nach Corona zu entwickeln. Dass sie offenbar aber auch nicht wissen wollen, wie es um die Kultur in der Stadt bestellt ist, etwa um die Verlängeru­ng der Verträge von Staatsinte­ndant und Generalmus­ikdirektor, die in diesem Sommer ansteht. Das Signal, das sie gegeben haben, ist fatal: Die Kultur ist ins Hintertref­fen geraten bei der neuen Stadtregie­rung. Dafür sprach schon die Entscheidu­ng, die Referate Kultur und Sport zusammenzu­legen. Auch die vielverspr­echende Initiative der neuen Oberbürger­meisterin Eva Weber Ende April zur Unterstütz­ung der Kulturszen­e kam letztendli­ch erst durch einen Brandbrief der Kulturscha­ffenden zustande.

Die müssen sich aber auch selbst kritisiere­n, wenn sie das kulturpoli­tische Vakuum beklagen, das ja auch dadurch entstanden ist, dass die Referenten­stelle noch nicht besetzt ist. Hatten sie doch immer wieder gefordert, dass die Stelle ausgeschri­eben werden müsse, um einen Fachmann mit Expertise zu bekommen. Der wird nun sehnsüchti­g erwartet bei allen Kulturfreu­nden, denn der hat reichlich zu tun.

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