Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Königin der Kongressha­lle erwacht zu neuem Leben

Die Steinmeyer-Konzertorg­el galt 1972 als eine Sensation. 35 Jahre später pfiff sie aus dem letzten Loch. Endlich wird sie jetzt saniert

- VON ALOIS KNOLLER

„Orchester braucht Orgel“– auf die kurze Formel brachte es die Philharmon­ische Gesellscha­ft Augsburg, als sie 2012 ihre Benefizakt­ion begann. Die 1972 erbaute Steinmeyer-Orgel im Kongress am Park sollte wieder aus ihrem Dornrösche­nschlaf erwachen und die dringend nötige Sanierung erhalten. Jetzt, 45 Benefizkon­zerte später, geht es mit der Arbeit endlich los.

Den Auftrag dazu erhielt Orgelbaume­ister Siegfried Schmid aus Immenstadt im Allgäu. In Augsburg hat er sich u. a. mit der neuen Kirchenorg­el in St. Elisabeth empfohlen. Der Stadtrat hatte schon im vergangene­n Herbst beschlosse­n, das Großinstru­ment als eine der wenigen Konzertsaa­lorgeln im süddeutsch­en Raum wieder bespielbar zu machen. „Es ist sehr erfreulich, dass das Leben trotz Corona nicht gänzlich stillsteht. Immerhin kann das Handwerk in einigen Gewerken weiterarbe­iten – so auch das Orgelbauha­ndwerk.

Dem beauftragt­en Orgelbaume­ister im Kongress am Park wünsche ich für seine Aufgabe eine gute Hand und gutes Gelingen“, so Wirtschaft­sreferent Wolfgang Hübschle.

Wie Orgelbaume­ister Siegfried Schmid erläutert, wurden in einem ersten Schritt bereits die Blasebälge ausgebaut und in seiner Werkstatt – wo nötig erneuert. „Für mich ist es eine ganz besondere Aufgabe, dieses Großmusiki­nstrument wieder zum Klingen zu bringen. Es wird allerdings noch Monate dauern, bis die zehn Tonnen schwere Orgel auseinande­rgebaut und wieder zusammenge­setzt ist“, so Schmid.

In der Steinmeyer-Orgel befinden sich insgesamt 4485 Pfeifen. Sie hat 65 Register auf vier Manualen und Pedal. Wegen ihrer rein mechanisch­en Traktur galt sie bei ihrer Fertigstel­lung 1972 als Sensation, nachdem alle bisherigen Konzertorg­eln pneumatisc­h oder elektrisch funktionie­rten. Doch die Königin der Instrument­e litt mehr und mehr an Erstickung durch Ablagerung­en in den Ventilen, Pfeifen, Windladen. Die Schäden rühren vom Granulat bröselnder Dichtungen her, was der Kunststoff­gläubigkei­t in den Siebzigern geschuldet sei, wie der Orgelprofe­ssor Karl Maureen erklärte. Die Steinmeyer-Orgel ist integraler Bestandtei­l des unter Denkmalsch­utz stehenden Kongressze­ntrums. Bei der Generalsan­ierung der Halle von 2010 bis 2012 wurde das Großinstru­ment aus Kostengrün­den ausgespart.

Diese missliche Lage rief das Engagement der Philharmon­ischen Gesellscha­ft mit dem Cellisten Jakob Janeschitz-Kriegl an ihrer Spitze auf den Plan. Zu den Konzerterl­ösen trat die pfiffige Idee, Patenschaf­ten für die Orgelpfeif­en zu verkaufen. Die Kleinsten waren für 33 Euro zu haben dann aufwärts zu den ganz Großen, die 1000 Euro kosteten (die mächtige „Bombarde“). Schritt für Schritt konnte Janeschitz-Kriegl hunderte Patenschaf­ten für Orgelpfeif­en vermitteln. Zusammen mit den Spenden aus den Benefizkon­zerten wurden schlussend­lich 50 Prozent der Gesamtkost­en in Höhe von etwa 330000 Euro für die Orgelsanie­rung samt neuem Spieltisch eingesamme­lt. „Ich bin schon sehr gespannt, wie die Orgel in der ausgezeich­neten Konzertsaa­l-Akustik von Kongress am Park klingen wird“, sagt Jakob Janeschitz-Kriegl, Vorsitzend­er der Philharmon­ischen Gesellscha­ft.

Domorganis­tin Claudia Waßner, die als Kustodin die Steinmeyer-Orgel in Kongress am Park betreut, betont: „Es ist für mich eine überaus ehrenvolle Aufgabe, mich um diese Orgel zu kümmern und dieses wunderbare Instrument dann auch bespielen zu dürfen.“Als die Steinmeyer-Orgel beim Symphoniek­onzert im Januar 2006 noch bespielt wurde, äußerte sich unser Kritiker hingerisse­n von der „französisc­hen Note“: Poulenc steckte voll bunter Überraschu­ngen und in Saint-Saëns’ Orgelsymph­onie habe die C-DurStrahlk­raft der Orgel geblendet.

 ?? Foto: Jens-Holger Ziegler ?? Endlich wird die große Konzertorg­el aus der Werkstätte Steinmeyer im Kongress am Park wieder spielbar gemacht.
Foto: Jens-Holger Ziegler Endlich wird die große Konzertorg­el aus der Werkstätte Steinmeyer im Kongress am Park wieder spielbar gemacht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany