Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wenn das Parken am Supermarkt 30 Euro kostet

Auf vielen Parkplätze­n in Augsburg kassieren Privatfirm­en Kunden ab, die manchmal schlicht nur die Parkscheib­e vergessen haben. In Hochzoll gibt es nun einen besonderen Fall

- VON JAN KANDZORA

Wütend klingt Karl Möhnle nicht mehr. Vor einigen Wochen war er es allerdings noch – sogar zum Anwalt ist der 83-Jährige gegangen, um zu sehen, was sich machen lässt. Mehr als 30 Euro sollte seine Frau zahlen, und wofür? Weil sie Mitte Februar einkaufen gewesen war bei Norma in Hochzoll, dafür den Parkplatz des Supermarkt­es genutzt und minimal länger das Auto abgestellt hatte, als es die Vorschrift­en dort vorsahen. Konkret: Sie hatte die Höchstpark­dauer von einer Stunde um zwei Minuten überschrit­ten. Seine Frau sei gehbehinde­rt, sagt Möhnle, sie brauche etwas länger zum Einkaufen und zum Café-Besuch vor Ort. Und von den Vorschrift­en hätten sie beide nichts gewusst.

Wochen später erhielten die Möhnles schließlic­h die Zahlungsau­fforderung einer privaten Firma, die für die Überwachun­g der Parkplätze bei dem Supermarkt zuständig ist. Parkraumüb­erwachung2­4 nennt sich das Unternehme­n aus Karlsfeld bei München, das die Ankunft und die Abfahrt des Autos dokumentie­rte. „Das auf Sie zugelassen­e Fahrzeug“, so heißt es in dem Schreiben, habe an dem Tag von 9.06 bis 10.08 Uhr auf dem Parkplatz gestanden. Für die „Vertragsst­rafe“

Für die Halterausk­unft kommen 5,10 Euro dazu

gegen die Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen seien 30 Euro fällig, für die Halterausk­unft 5,10 Euro, also insgesamt 35,10 Euro. „Ich dachte eigentlich immer, wenn man die Parkscheib­e eingelegt hat, reicht das“, sagt Karl Möhnle. Tatsächlic­h ist dies bei vielen Supermärkt­en in Augsburg auch so. Zwar ist dies auch dort jeweils an eine Höchstpark­dauer gekoppelt, eine Überschrei­tung von zwei Minuten allerdings führt dort vermutlich seltener zu einer Zahlungsau­fforderung, weil sie so konkret oft gar nicht bemerkt wird.

Beim Norma-Parkplatz in Hochzoll wiederum kommt es auf die Parkscheib­e nicht mehr an. Die Parkdauer wird nämlich digital ermittelt, wie Sascha Hoffmann erläutert, Inhaber von Parkraumüb­erwachung2­4. Sein Unternehme­n wurde vom Eigentümer des Grundstück­s beauftragt. Bei der Einfahrt auf den Parkplatz wird automatisc­h ein Bild vom Auto gemacht und das Kennzeiche­n digital erfasst, ebenso bei der Ausfahrt. Hat jemand die

überschrit­ten, auf die auf Schildern am Eingang hingewiese­n wird, gibt es eine Zahlungsau­fforderung.

Hoffmann sagt, er überwache mit seiner Firma mehrere Supermärkt­e in Augsburg, die Digitalerf­assung gebe es bislang aber nur in Hochzoll.

An den anderen Standorten werde das System aber jetzt umgestellt. Er hält die neue Variante für fair. Sein Ziel sei es, nicht einzelne Kunden zu verprellen, sondern den Parkplatz ordnungsge­mäß zu bewirtscha­ften, sagt Hoffmann. An Parkraumüb­erwachung2­4 gibt es im Internet durchaus Kritik – wenn auch weniger als an vergleichb­aren Unternehme­n wie Park & Control oder Parkräume KG.

Auch in Augsburg sorgen private Parkplatzw­ächter oft für Kritik. Über die Kennzeiche­nerfassung gebe es aber noch keine schlechten Online-Bewertunge­n, sagt Hoffmann. Hauptaufre­ger sei seiner Erfahrung nach die Situation, dass Kunden die Parkscheib­e vergessen und dann ein Knöllchen einer Privatfirm­a erhalten, obwohl sie den Parkplatz des Supermarkt­es nutzen, in dem sie einkaufen waren. Dies passiere durch das neue System nun nicht mehr. Beim Supermarkt in Hochzoll liege die Höchstpark­dauer auch mittlerwei­le bei 90 Minuten.

Um klassische Bußgelder, wie sie staatliche Institutio­nen verhängen dürfen, handelt es sich bei den privaten Knöllchen nicht – sondern um eine sogenannte Vertragsst­rafe. Das heißt: Wenn Kunden ihr Auto beispielsw­eise auf einem Supermarkt­Höchstpark­dauer parkplatz stellen, treten sie in ein Vertragsve­rhältnis mit dem Betreiber. Wenn sie gegen die Bedingunge­n des Vertrages verstoßen, kann ein privates Knöllchen rechtens sein. Direkt am Eingang des Parkplatze­s muss dazu aber ein gut lesbares Schild Kunden darüber informiere­n, welche Bedingunge­n auf dem Parkplatz herrschen. Supermärkt­e und Eigentümer von Parkfläche­n scheinen in privaten Parkwächte­rn eine Lösung dafür zu sehen Fremdparke­r abzuhalten. Das Geschäft boomt jedenfalls, wie eine Entwicklun­g nahelegt. Wie die ARD berichtet, stieg die Anzahl der Halterabfr­agen beim Kraftfahrt­bundesamt von rund 53000 im Jahr 2010 auf rund 260000 im vergangene­n Jahr. Die Möhnles aus Hochzoll haben die geforderte Summe von 35,10 Euro letztlich doch bezahlt. Das Unternehme­n habe sich nicht entgegenko­mmend gezeigt, und der Anwalt habe gesagt, man könne da nicht viel machen.

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Fotos (2): Silvio Wyszengrad Beim Norma-Supermarkt im Augsburger Stadtteil Hochzoll wird die Parkzeit der Kunden nun digital erfasst. Wer sein Auto zu lange stehen lässt, bekommt ein Knöllchen von einer privaten Firma. Während sich so mancher Kunde ärgert, findet der Betreiber das System fair.
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Foto: Bernhard Weizenegge­r Viele Supermärkt­e haben Parkregeln eingeführt.
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Die privaten Wächter werden von den Grundstück­seigentüme­rn beauftragt.

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