Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Im Land der Reiberdatschi
Es gibt da diese berühmte Szene in der Serie „Zwei Münchner in Hamburg“: Uschi Glas steht am Zugfenster, schaut hinaus auf die flunderflachen Felder und sinniert, dass sie die Landschaft hier, im hohen Norden, doch an irgendwas erinnere. Nämlich: an Reiberdatschi. Und es überrascht nicht, dass eine klägliche Wehmut in ihrer Stimme zu hören ist.
Denn mit den bescheidenheitsscheuen Bayern ist das ja gemeinhin so: Gegen ihre Berge und Biergärten kommt so schnell nichts an. Der Brocken im Harz? Pff, ein bemitleidenswertes Bergerl eben. Der Wannsee in Berlin? Halt kein Chiemsee. Hamburg? Nix geht über München – oder vielleicht doch?
Es gibt ein Fleckerl Erde, das der bayerischen Landeshauptstadt das Nordseewasser reichen könnte: Sylt. Kampen oder Karlsplatz, Westerland oder Viktualienmarkt: Das Kaviarhäppchen und ein Glaserl Champagner kosten hier wie da so viel wie – sagen wir – eine Nacht in einer Ferienwohnung in WanneEickel. Tatsächlich gibt es auf Sylt, das muss der mondäne Münchner dann vielleicht doch zugeben, noch ein paar Großkopferte mehr. Und vor allem gibt es in einem der Dünen-Dörfchen die teuerste Pizza Deutschlands.
Einen Tausender muss man für den Fladen – welch metaphorische Äquivalenz zur Landschaft – hinblättern. Der Belag: Hummer, Trüffel, Kaviar ... solche Sachen eben. Wer jetzt von so einer prunkvollen Pizza träumt, der kann tatsächlich im Schlaf nach Sylt reisen. Ab Juli gibt es einen neuen Nachtzug, der von München auf die Insel fährt. Quer durchs Reiberdatschi-Land.