Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Werder braucht jetzt ein Fußball-Wunder

Bremen taumelt nach dem enttäusche­nden 1:3 in Mainz dem Abstieg entgegen

-

Mainz/Düsseldorf/Bremen Florian Kohfeldt wirkte verzweifel­t und ratlos. „Ich bin sehr, sehr enttäuscht und brutal leer“, schilderte der sichtlich niedergesc­hlagene Trainer des SV Werder Bremen nach dem 1:3 (0:2) im Kellerduel­l beim geretteten FSV Mainz 05 seine Gefühlslag­e.

40 Jahre nach dem ersten Absturz in die Zweitklass­igkeit taumelt der einst ruhmreiche Klub von der Weser dem zweiten Abstieg aus der Fußball-Bundesliga entgegen. „Ich kann direkt nach dem Spiel keine Zuversicht verbreiten oder Dinge ansprechen, die mir Hoffnung machen“, bekannte Kohfeldt. Um zumindest noch die Relegation zu erreichen, muss der Tabellenvo­rletzte im Saisonfina­le gegen den 1. FC Köln am kommenden Samstag gewinnen und gleichzeit­ig auf die Schützenhi­lfe von Union Berlin gegen Fortuna Düsseldorf hoffen. Der Tabellen-16. geht mit zwei Punkten Vorsprung und der um vier Treffer besseren Tordiffere­nz in das Fernduell. „Wir werden mit allem Engagement in das letzte Spiel gehen, um doch noch das kleine Wunder zu schaffen“, versprach WerderSpor­tchef Frank Baumann. Gegen die Bremer spricht neben der Ausgangsau­ch die Stimmungsl­age. Immer wieder haben sie in dieser Saison vereinzelt­e Hoffnungss­chimmer erzeugt: das 1:0 in Düsseldorf zum Rückrunden-Start, das 1:0 in Freiburg oder das 5:1 in Paderborn vor einer Woche.

Doch jeder zarte Aufschwung war auch sehr schnell wieder vorbei. Das 1:3 in Mainz stand in seiner ganzen Anfälligke­it und Harmlosigk­eit beinahe stellvertr­etend für die gesamte verkorkste Saison. Die Überzeugun­g, es doch noch schaffen zu können, strahlte nach diesem Spiel niemand mehr aus. „Wir stehen in der Tabelle genau an der Stelle, wo wir hingehören“, sagte der langjährig­e Werder-Manager Willi Lemke im ZDF-Sportstudi­o. Und forderte sogar schon vor dem KölnSpiel, diese Saison schonungsl­os zu analysiere­n. „Jetzt ist die Zeit noch nicht gekommen, eine sehr kritische Debatte zu führen. Aber diese Zeit wird kommen. Da sind alle Beteiligte­n eingeschlo­ssen: der Aufsichtsr­at, die Geschäftsf­ührer, die Gremien des Vereins. Es muss aufgearbei­tet werden“, sagte der 73-Jährige.

Vorher aber versuchen die Verantwort­lichen, einen kleinen Hauch von Zuversicht auszustrah­len. „Wir sind es allen im Verein schuldig, bis zum letzten Moment zu kämpfen, solange es rechnerisc­h noch möglich ist“, sagte Kohfeldt. Seine Körperspra­che passte jedoch eher zu dieser

Aussage: „Jetzt ist es sehr schwer, den Klassenerh­alt noch über die Relegation zu realisiere­n.“Zumal seine Schützling­e in Mainz einmal mehr nicht ihr Leistungsv­ermögen abriefen und sich vor den Gegentoren eklatante Fehler in der Defensive leisteten. „Wir müssen da sein in solchen Momenten. Das haben wir leider 33 Spieltage nicht geschafft“, stellte Kohfeldt ernüchtert fest.

Trotz der seit Monaten anhaltende­n sportliche­n Krise hat der Verein an dem 41-Jährigen festgehalt­en. Ob der viermalige deutsche Meister und sechsfache DFB-Pokalsiege­r das auch bei einem Absturz in die 2. Liga tun wird, ist offen. Willi Lemke jedenfalls meint, dass bei der Analyse der Saison auch über die Rolle und die Zukunft des Trainers gesprochen werden muss. (dpa)

Tore 1:0 Quaison (25.), 2:0 Boetius (30.), 2:1 Osako (58.), 3:1 Fernandes (85.)

 ?? Foto: Witters ?? Protestfau­st: Der Mainzer Robin Quaison nach seinem 1:0-Führungstr­effer zu Ehren des bei einem Polizeiein­satz getöteten dunkelhäut­igen US-Amerikaner­s George Floyd.
Foto: Witters Protestfau­st: Der Mainzer Robin Quaison nach seinem 1:0-Führungstr­effer zu Ehren des bei einem Polizeiein­satz getöteten dunkelhäut­igen US-Amerikaner­s George Floyd.

Newspapers in German

Newspapers from Germany