Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Falls er aufwacht“
Alex Zanardi liegt nach einem schweren Zusammenstoß im Koma. Schon einmal hat er sich gegen das Schicksal aufgelehnt
Siena Für den nächsten schweren Kampf seines Lebens braucht Alessandro Zanardi erneut alle Kraft – und vielleicht ein zweites Wunder. Der frühere Formel-1-Pilot ist nach seinem tragischen Verkehrsunfall zwar in einem relativ stabilen, aber weiter kritischen Zustand. Wie die Azienda Ospedaliera Universitaria Senesedas in Siena am Sonntag mitteilte, schließe Zanardis gegenwärtiger Zustand eine plötzliche Verschlechterung immer noch nicht aus. Dennoch gaben sich die Ärzte vorsichtig optimistisch.
„Im Vergleich dazu, wie er in die Notaufnahme kam, hat sich sein Zustand wirklich verändert – und das gibt uns viel Hoffnung“, sagte am Sonntag Sabino Scoletta, Leiter der Intensivstation. Der 53 Jahre alte Italiener hatte am Freitag bei dem Unfall ein schweres Kopf- und Gesichtstrauma mit Verletzungen an einem Auge erlitten. Auch Hirnschäden könnten nicht ausgeschlossen werden – die aber erst bewertet werden könnten, „wenn er aufwacht, falls er aufwacht“, sagte der behandelnde Arzt Giuseppe Oliveri am Samstag. Derzeit liegt der in Italien als Ikone verehrte ParalympicsSieger nach der dreistündigen OpeKurve, ration am Freitag im künstlichen Koma und wird beatmet.
Zanardi, der vor 19 Jahren bei einem ebenso tragischen Unfall auf dem Lausitzring beide Beine verlor und vor einigen Jahren in den paralympischen Sport wechselte, verlor in der Nähe von Pienza auf einer abschüssigen Straße in einer Kurve die Kontrolle über sein Handbike, überschlug sich und krachte seitlich in einen Lkw. „Ich sah ihn, er wich aus und fiel. Es schien, als hätte er die Kontrolle über sein Handbike verloren“, sagte der 44-jährige Lkw-Fahrer der Zeitung La Repubblica. Er habe noch versucht, Zanardi auszuweichen. Aber es sei in der engen
die unter Radfahrern wegen der wohl häufigen Stürze auch „Bastard-Kurve“genannt wird, kein Platz gewesen. Dennoch konnte er einen Frontalzusammenstoß – der wohl tödlich geendet hätte – verhindern. „Der Fahrer hat nichts falsch gemacht. Alessandro hat einen Fehler gemacht“, sagte Mario Valentini, Trainer des italienischen Para-Radsport-Nationalteams.
Zudem wurden Fragen laut, warum der durch den von Zanardi gegründeten Sportverein Obiettivo 3 organisierte Staffellauf nicht offiziell angemeldet wurde – dann wären keine Autos auf den Straßen gewesen. Laut der Zeitung Corriere della Sera seien Straßensperren nur für offizielle Radrennen möglich, die wegen der Corona-Beschränkungen aber noch immer verboten sind. Doch die Obiettivo tricolore, bei der über 50 paralympische Athleten teilnehmen, wurde ohne Anmeldung als offizielles Rennen gestartet und hätte somit keine Verkehrsbeschränkungen rechtfertigen können, hieß es. Die Veranstaltung wurde trotz des Unfalls am Samstag fortgesetzt. Das sei auch im Sinne von Zanardis Frau Daniela und Sohn Niccolò, hieß es auf der Vereinsseite.