Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Aus dem Nähkästchen eines Entertainers
Chris Kolonko verführt im Parktheater mit „So wie jetzt!“
Endlich wieder Bühne, endlich wieder Rampenlicht, endlich wieder live! Nach drei langen Monaten in der Corona-Isolation sehnen sich nicht nur die Zuschauer nach Kultur und Unterhaltung. Auch die Künstler wollen raus, wollen bewundert werden – und müssen das auch, um endlich wieder Geld zu verdienen.
„Sie glauben gar nicht, wie ich das vermisst habe, dieses wunderbare Haus!“, kommt es ganz tief aus dem Herzen des geborenen Augsburgers und nun internationalen TravestieStars Chris Kolonko. So eröffnete er am Freitag die Nach-LockdownSaison des Parktheaters mit einem perfekt auf die Situation zugeschnittenen Programm. Der Titel „So wie jetzt!“stammt noch aus der Zeit vor Corona, gewinnt aber durch die Situation einen ganz neuen Klang auf der engen Bühne. Glamour und Paillettenfummel hängen eher als frühere Zitate in der aufgebauten Garderobe der Diva, vor dem Schminkspiegel wird letzte Hand angelegt und wie nebenbei aus dem Nähkästchen eines Entertainers geplaudert. Auch sein kongenialer Pianist Chris Gall unterstreicht dieses fast intime Setting. Mit feinem Jazz-Drive bekommen so auch Schlager von Udo Jürgens und Vicky Leandros den eleganten Schwung von Chansons.
Natürlich gibt es in diesem 60-Minuten-Programm (CoronaAuflage!) wieder die schnellen Kostüm
und unglaublich fixen Perückenwechsel. Aber dieses gekürzte Programm verführt vor allem mit den kleinen Gesten sowie den großen Liedern der beiden Legenden Mary & Gordy. Dazu gibt es Gedanken und kleine Seitenhiebe zum Altern und zur mühsam zu erhaltenden Schönheit, die beim fantastisch aussehenden gut 50-jährigen Chris die Hilfe durch Kosmetik, Chirurgen und Botox nicht verleugnet. Die Selbstironie, mit der er solche Details erzählt, besticht das auf Abstand sitzende Publikum. Denn Perfektion und Schönheit ist zwar das Erkennungszeichen des VarietéKünstlers,
sein nonchalanter Witz berührt aber sehr viel mehr. „Das ist mein Lebenselixier, dass ich Sie entführen darf in meine Welt der Fantasie“, umarmt er verbal sein Publikum, ein Versprechen, das dieser Paradiesvogel auch in der knapp bemessenen Zeit einhält.
Die nun in München lebende Glamour-Diva kann über die Krise plaudern und dennoch unterhalten und Zuversicht verbreiten. Dabei hat Kolonko turbulente Monate hinter sich. Nach dem Abschluss des letzten „Spiegelpalastes“ging es sofort zum Job auf einem Kreuzfahrtschiff, wo die Nachrichten über die
Pandemie immer bedrohlicher wurden. Schweren Herzens sagte er die kommende „Spiegelpalast“-Saison ab, ein finanzielles Desaster, zumal die Finanzierung dieses kulinarischen Winter-Varietés, das Zuschauer auch aus München anzieht, auf viele Jahre angelegt ist.
Wieder zu Hause in München, entwickelte das Multi-Talent Kolonko tägliche Yoga-Live-Kurse und wöchentliche Koch-Shows, in denen er als Marlene aus seiner engen Küche eine wirklich charmante, zudem interaktive Show bietet (noch zu sehen auf der Chris-Kolonko-Fanpage über Facebook). Nebenbei wirbt er für Kosmetik und Putzmittel. Harte Zeiten für Künstler. Aber jetzt auf der Bühne „ist das tatsächlich wieder der Beruf, den man hat“, bemerkt er im Gespräch erleichtert. Denn die Aufgabe des Künstlers sei doch, „andere zu bespaßen und Lebensmut zu geben“.
Auch vor und während der Bühnenprogramme im Parktheater kann man über die Fanpage Nachrichten schicken und ihm beim Schminken direkt ins Gesicht sehen. Smartphone und digitale Technik machen es möglich, ganz nah zu sein, selbst wenn man eigentlich Abstand halten soll.
OTermine Bis 3. Juli tritt Chris Kolonko noch mehrfach im Gögginger Parktheater auf – bei schönem Wetter im Innenhof, bei Regen im Theatersaal. Kartenbestellung unter der Telefonnummer 0821/906 22 22.