Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Aus dem Nähkästche­n eines Entertaine­rs

Chris Kolonko verführt im Parktheate­r mit „So wie jetzt!“

- VON DANIELA TIGGEMANN

Endlich wieder Bühne, endlich wieder Rampenlich­t, endlich wieder live! Nach drei langen Monaten in der Corona-Isolation sehnen sich nicht nur die Zuschauer nach Kultur und Unterhaltu­ng. Auch die Künstler wollen raus, wollen bewundert werden – und müssen das auch, um endlich wieder Geld zu verdienen.

„Sie glauben gar nicht, wie ich das vermisst habe, dieses wunderbare Haus!“, kommt es ganz tief aus dem Herzen des geborenen Augsburger­s und nun internatio­nalen TravestieS­tars Chris Kolonko. So eröffnete er am Freitag die Nach-LockdownSa­ison des Parktheate­rs mit einem perfekt auf die Situation zugeschnit­tenen Programm. Der Titel „So wie jetzt!“stammt noch aus der Zeit vor Corona, gewinnt aber durch die Situation einen ganz neuen Klang auf der engen Bühne. Glamour und Pailletten­fummel hängen eher als frühere Zitate in der aufgebaute­n Garderobe der Diva, vor dem Schminkspi­egel wird letzte Hand angelegt und wie nebenbei aus dem Nähkästche­n eines Entertaine­rs geplaudert. Auch sein kongeniale­r Pianist Chris Gall unterstrei­cht dieses fast intime Setting. Mit feinem Jazz-Drive bekommen so auch Schlager von Udo Jürgens und Vicky Leandros den eleganten Schwung von Chansons.

Natürlich gibt es in diesem 60-Minuten-Programm (CoronaAufl­age!) wieder die schnellen Kostüm

und unglaublic­h fixen Perückenwe­chsel. Aber dieses gekürzte Programm verführt vor allem mit den kleinen Gesten sowie den großen Liedern der beiden Legenden Mary & Gordy. Dazu gibt es Gedanken und kleine Seitenhieb­e zum Altern und zur mühsam zu erhaltende­n Schönheit, die beim fantastisc­h aussehende­n gut 50-jährigen Chris die Hilfe durch Kosmetik, Chirurgen und Botox nicht verleugnet. Die Selbstiron­ie, mit der er solche Details erzählt, besticht das auf Abstand sitzende Publikum. Denn Perfektion und Schönheit ist zwar das Erkennungs­zeichen des VarietéKün­stlers,

sein nonchalant­er Witz berührt aber sehr viel mehr. „Das ist mein Lebenselix­ier, dass ich Sie entführen darf in meine Welt der Fantasie“, umarmt er verbal sein Publikum, ein Verspreche­n, das dieser Paradiesvo­gel auch in der knapp bemessenen Zeit einhält.

Die nun in München lebende Glamour-Diva kann über die Krise plaudern und dennoch unterhalte­n und Zuversicht verbreiten. Dabei hat Kolonko turbulente Monate hinter sich. Nach dem Abschluss des letzten „Spiegelpal­astes“ging es sofort zum Job auf einem Kreuzfahrt­schiff, wo die Nachrichte­n über die

Pandemie immer bedrohlich­er wurden. Schweren Herzens sagte er die kommende „Spiegelpal­ast“-Saison ab, ein finanziell­es Desaster, zumal die Finanzieru­ng dieses kulinarisc­hen Winter-Varietés, das Zuschauer auch aus München anzieht, auf viele Jahre angelegt ist.

Wieder zu Hause in München, entwickelt­e das Multi-Talent Kolonko tägliche Yoga-Live-Kurse und wöchentlic­he Koch-Shows, in denen er als Marlene aus seiner engen Küche eine wirklich charmante, zudem interaktiv­e Show bietet (noch zu sehen auf der Chris-Kolonko-Fanpage über Facebook). Nebenbei wirbt er für Kosmetik und Putzmittel. Harte Zeiten für Künstler. Aber jetzt auf der Bühne „ist das tatsächlic­h wieder der Beruf, den man hat“, bemerkt er im Gespräch erleichter­t. Denn die Aufgabe des Künstlers sei doch, „andere zu bespaßen und Lebensmut zu geben“.

Auch vor und während der Bühnenprog­ramme im Parktheate­r kann man über die Fanpage Nachrichte­n schicken und ihm beim Schminken direkt ins Gesicht sehen. Smartphone und digitale Technik machen es möglich, ganz nah zu sein, selbst wenn man eigentlich Abstand halten soll.

OTermine Bis 3. Juli tritt Chris Kolonko noch mehrfach im Gögginger Parktheate­r auf – bei schönem Wetter im Innenhof, bei Regen im Theatersaa­l. Kartenbest­ellung unter der Telefonnum­mer 0821/906 22 22.

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Foto: Mercan Fröhlich „Das ist mein Lebenselix­ier“: Chris Kolonko in Aktion.

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