Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Professioneller Uhrendiebstahl: Es waren junge Kerle
Nach Einbrüchen in Schlipsheim und Diedorf wurde eine Bande vermutet. Jetzt wurden Jugendliche verurteilt
Neusäß/Diedorf Es war an einem Samstag, als Ganoven bei zwei Einbrüchen im Neusässer Ortsteil Schlipsheim und in Diedorf hochwertige Uhren im Wert von 70 000 Euro entwendeten. In beiden Fällen bohrten die Täter nachts ein Loch in die Terrassentür und verschafften sich so Zutritt. Die Polizei hat im Oktober vorigen Jahres diese Einbrüche gemeldet.
An den folgenden Wochenenden werden weitere Einbrüche, etwa im Raum Landshut und Garmisch-Partenkirchen, verübt. Jedes Mal gehen die Täter auf die gleiche Weise vor, durchbohren den Türrahmen und jedes Mal stehlen sie teure Uhren. Im zuständigen Fachkommissariat 2 der Augsburger Kripo läuten die Alarmglocken. Die Ermittler vermuten professionelle Diebe aus Osteuropa am Werk.
Umso größer war das Erstaunen, als die Kripo ihnen zwei Monate später auf die Spur kommt. Am 27. Dezember, die Fahnder haben Telefongespräche von Tatverdächtigen abgehört, klicken morgens in Kempten und dem Umland die Handschellen. Die drei Festgenommen sind erst 17, 19 und 20 Jahre alt. Sie wohnen noch bei den Eltern. In Augsburg wurden sie jetzt wegen schweren Bandendiebstahls und Betrugs verurteilt. Aufgrund ihres jungen Alters fand der Prozess vor einem Jugendschöffengericht statt.
Wie im Prozess zur Sprache kommt, sind die jugendlichen Einbrecher erstaunlich abgebrüht vorgegangen. Ihre „Geschäftsidee“: Auf der Internetverkaufsplattform „Ebay-Kleinanzeigen“haben sie recherchiert, wer teure Uhren zum Kauf anbot. Dann meldete sich immer einer der Drei unter falschem Namen beim Verkäufer. Der vermeintliche Interessent äußerte dann den Wunsch, die Uhr vor dem Kauf sehen zu wollen und bekam so die Wohnanschrift genannt. Mitunter ging es für die Einbrecher noch einfacher. In zwei Ebay-Anzeigen waren die Besitzer teurer Armbanduhren so leichtsinnig, auch ihre Wohnadresse zu veröffentlichen.
Eine Auswertung der Funkzellen an den jeweiligen Tatorten half der Polizei zunächst nicht weiter. Die Einbrecher verwendeten anonyme SIM-Karten in ihren Handys. Sie werden im Internet angeboten. Maximilian*, Fahrer und Aufpasser des Trios, fiel die Aufgabe zu, seine beiden Komplizen von der Straße aus zu warnen, sobald es gefährlich werden konnte. Wie bei einem nächtlichen Einbruch im Landkreis Rosenheim, als die Hausbesitzerin von ihrer Nachtschicht zurückkehrte. Maximilian* hat für die Bande erbeutete Uhren in München an Juwelierläden und Schmuckhändler verkauft. Der 20-Jährige musste den Aufkäufern seinen Ausweis zeigen, was den Einbrechern am Ende zum Verhängnis wurde.
Mit dem Urteil muss keiner der Täter, die mehrere Monate in U-Haft saßen, zurück ins Gefängnis. Was nach dem Verlauf der Verhandlung, trotz der Höhe des angerichteten Schadens, nicht überraschend kommt. Das Gericht unter Vorsitz von Richterin Rose Oelbermann verhängt lediglich Bewährungsstrafen, wie auch von Staatsanwältin Katharina Kramer beantragt. Sie sind ferner zum Wertersatz
an die Geschädigten verurteilt, insgesamt einen Betrag von mehr als 160 000 Euro.
Die ausgesprochenen Strafen liegen zwischen 18 Monaten und zwei Jahren und sind verbunden mit strengen Auflagen. So wird Niklas* (Verteidiger Werner Ruisinger) ein Bewährungshelfer an die Seite gestellt. Der 19-Jährige, Anführer der Clique, ist glücksspielsüchtig und muss sich einer Therapie unterziehen. Weder er noch Maximilian (Verteidiger Ulrich Swoboda) ist vorbestraft, der 17-Jährige nur geringfügig. Der Bericht der Jugendgerichtshilfe fiel für alle drei Täter, die auch zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt sind, positiv aus. Zwei haben Arbeitsverträge, der Jüngste hat in dieser Woche eine Prüfung vor der Handwerkskammer.