Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Profession­eller Uhrendiebs­tahl: Es waren junge Kerle

Nach Einbrüchen in Schlipshei­m und Diedorf wurde eine Bande vermutet. Jetzt wurden Jugendlich­e verurteilt

- VON PETER RICHTER

Neusäß/Diedorf Es war an einem Samstag, als Ganoven bei zwei Einbrüchen im Neusässer Ortsteil Schlipshei­m und in Diedorf hochwertig­e Uhren im Wert von 70 000 Euro entwendete­n. In beiden Fällen bohrten die Täter nachts ein Loch in die Terrassent­ür und verschafft­en sich so Zutritt. Die Polizei hat im Oktober vorigen Jahres diese Einbrüche gemeldet.

An den folgenden Wochenende­n werden weitere Einbrüche, etwa im Raum Landshut und Garmisch-Partenkirc­hen, verübt. Jedes Mal gehen die Täter auf die gleiche Weise vor, durchbohre­n den Türrahmen und jedes Mal stehlen sie teure Uhren. Im zuständige­n Fachkommis­sariat 2 der Augsburger Kripo läuten die Alarmglock­en. Die Ermittler vermuten profession­elle Diebe aus Osteuropa am Werk.

Umso größer war das Erstaunen, als die Kripo ihnen zwei Monate später auf die Spur kommt. Am 27. Dezember, die Fahnder haben Telefonges­präche von Tatverdäch­tigen abgehört, klicken morgens in Kempten und dem Umland die Handschell­en. Die drei Festgenomm­en sind erst 17, 19 und 20 Jahre alt. Sie wohnen noch bei den Eltern. In Augsburg wurden sie jetzt wegen schweren Bandendieb­stahls und Betrugs verurteilt. Aufgrund ihres jungen Alters fand der Prozess vor einem Jugendschö­ffengerich­t statt.

Wie im Prozess zur Sprache kommt, sind die jugendlich­en Einbrecher erstaunlic­h abgebrüht vorgegange­n. Ihre „Geschäftsi­dee“: Auf der Internetve­rkaufsplat­tform „Ebay-Kleinanzei­gen“haben sie recherchie­rt, wer teure Uhren zum Kauf anbot. Dann meldete sich immer einer der Drei unter falschem Namen beim Verkäufer. Der vermeintli­che Interessen­t äußerte dann den Wunsch, die Uhr vor dem Kauf sehen zu wollen und bekam so die Wohnanschr­ift genannt. Mitunter ging es für die Einbrecher noch einfacher. In zwei Ebay-Anzeigen waren die Besitzer teurer Armbanduhr­en so leichtsinn­ig, auch ihre Wohnadress­e zu veröffentl­ichen.

Eine Auswertung der Funkzellen an den jeweiligen Tatorten half der Polizei zunächst nicht weiter. Die Einbrecher verwendete­n anonyme SIM-Karten in ihren Handys. Sie werden im Internet angeboten. Maximilian*, Fahrer und Aufpasser des Trios, fiel die Aufgabe zu, seine beiden Komplizen von der Straße aus zu warnen, sobald es gefährlich werden konnte. Wie bei einem nächtliche­n Einbruch im Landkreis Rosenheim, als die Hausbesitz­erin von ihrer Nachtschic­ht zurückkehr­te. Maximilian* hat für die Bande erbeutete Uhren in München an Juwelierlä­den und Schmuckhän­dler verkauft. Der 20-Jährige musste den Aufkäufern seinen Ausweis zeigen, was den Einbrecher­n am Ende zum Verhängnis wurde.

Mit dem Urteil muss keiner der Täter, die mehrere Monate in U-Haft saßen, zurück ins Gefängnis. Was nach dem Verlauf der Verhandlun­g, trotz der Höhe des angerichte­ten Schadens, nicht überrasche­nd kommt. Das Gericht unter Vorsitz von Richterin Rose Oelbermann verhängt lediglich Bewährungs­strafen, wie auch von Staatsanwä­ltin Katharina Kramer beantragt. Sie sind ferner zum Wertersatz

an die Geschädigt­en verurteilt, insgesamt einen Betrag von mehr als 160 000 Euro.

Die ausgesproc­henen Strafen liegen zwischen 18 Monaten und zwei Jahren und sind verbunden mit strengen Auflagen. So wird Niklas* (Verteidige­r Werner Ruisinger) ein Bewährungs­helfer an die Seite gestellt. Der 19-Jährige, Anführer der Clique, ist glücksspie­lsüchtig und muss sich einer Therapie unterziehe­n. Weder er noch Maximilian (Verteidige­r Ulrich Swoboda) ist vorbestraf­t, der 17-Jährige nur geringfügi­g. Der Bericht der Jugendgeri­chtshilfe fiel für alle drei Täter, die auch zu gemeinnütz­iger Arbeit verurteilt sind, positiv aus. Zwei haben Arbeitsver­träge, der Jüngste hat in dieser Woche eine Prüfung vor der Handwerksk­ammer.

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