Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Heuer bleibt niemand sitzen
Nach monatelangen Schulschließungen sei es ungerecht, die Schüler zu bewerten, findet die Bildungsministerin
Die mehr als acht Millionen Schüler Spaniens müssen sich diesen Sommer wenig Sorgen machen, dass sie wegen schlechter Noten nicht in die nächste Klasse versetzt werden. Die spanische Bildungsministerin Isabél Celaá kündigte an, dass die Pennäler angesichts der Covid-19-Epidemie nur „im Ausnahmefall“sitzen bleiben werden. Es sei in der CoronaKrise mit monatelanger Schließung der Schulen ungerecht, die Schüler so zu bewerten, als ob nichts geschehen sei. Dies sei für die Schüler kein normales Halbjahr gewesen, meint Celaá.
Diese „Amnestie“für Schüler mit schlechten Noten ließ gleich hunderttausende Kinder und Jugendliche jubeln. Denn die „Ehrenrunden“zieren in Spanien traditionell viele Schüler-Lebensläufe. Spanien gehört nach der OECD-Statistik zu den EU-Ländern mit den meisten Sitzenbleibern. Rund ein Drittel aller spanischen Teenager müssen in ihrem Schulleben wenigstens einmal eine Klasse wiederholen. Nach Meinung von Bildungsexperten sind spanische Schüler aber nicht dümmer als ihre europäischen Altersgenossen. Sondern das Problem sei das mangelhafte Schulsystem: Es fehlen Lehrer, Investitionen und moderne Lernkonzepte.
Seit Mitte März sind Kindergärten und Schulen geschlossen. Spanien war von der Pandemie besonders schlimm betroffen. Bis zu den Sommerferien, die jetzt Mitte Juni starten, wurde daher noch per Videochat und TV-Schule unterrichtet. Nur für Kinder, die besondere Unterstützung brauchen, sind Kitas und Schulen geöffnet.
Der Regelunterricht in den Klassenräumen soll erst im Laufe des Septembers wieder starten – soweit es bis dahin keinen Corona-Rückfall gibt. Derzeit arbeitet das Bildungsministerium an Sicherheitsempfehlungen für das kommende Schuljahr. Einige Pläne für den SchulNeustart sind schon durchgesickert: So sollen Schüler und Lehrer jeden Morgen Fieber messen. Die Klassengröße will man auf maximal 15 Schüler reduzieren, um den nötigen Sicherheitsabstand garantieren zu können; normalerweise sitzen in den Klassen öffentlicher Schulen doppelt so viele Schüler. Zudem wird die Maske zur Grundausstattung gehören, um sie bei fehlender sozialer Distanz nutzen zu können. Pausenund Schulzeiten werden gestaffelt, damit es nicht zu viel Gedränge gibt. Und der kiloschwere Schulranzen wird der Vergangenheit angehören: Um Infektionsrisiken zu mindern, sollen die Pennäler künftig so wenig Bücher wie möglich in die Schule mitbringen.