Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Maske statt Maskottchen
Die Prüfungen laufen anders ab und die Regierung setzt auf „Bildungsfernsehen“
Der Juni ist an polnischen Schulen traditionell der Prüfungsmonat. Das Zentralabitur etwa, das im Polnischen Matura heißt, legen die Kandidaten über mehrere Wochen hinweg ab. Fach folgt auf Fach. Nicht anders haben es die Behörden auch für den Corona-Jahrgang 2020 organisiert – für den ansonsten aber alles anders ist. So fallen die mündlichen Prüfungen aus. Verboten ist es diesmal sogar, zu den Klausuren im Zwei-Meter-Sitzabstand Maskottchen mitzubringen. Dafür gilt eine Maskenpflicht.
Die medialen Bilder von der Maskenmatura zeigen allerdings nur den letzten Akt eines (Bildungs-)Dramas, das mit der frühen Schließung aller Kitas und Schulen am 12. März begann, obwohl Polen zu diesem Zeitpunkt noch kaum von der Pandemie betroffen war. Doch die Regierung setzte bei der Virusbekämpfung von Anfang an auf Härte – und auf „Bildungsfernsehen“. Vom ersten Tag der Schulschließungen an sendeten die Kinder- und Jugendkanäle des Staatsfernsehens ein werbefreies Programm mit fachspezifischen Sondersendungen. Da gab es
Experimentieranleitungen in Physik und Tierrätsel in Biologie. Filme und Serien wurden an den Lesekanon angepasst. Ab dem 20. März waren die Schulen angewiesen, ein Angebot zum E-Learning bereitzustellen.
Wie gut das funktioniert hat? Für eine Bilanz des monatelangen Homeschoolings ist es zu früh. Einzelne Erfahrungsberichte zeigen allerdings ein ähnliches Bild wie in Deutschland: Vieles hing vom Einsatz und den (materiellen) Möglichkeiten der Eltern ab. Die hoffen nun auf die Sommerferien, die in Polen landesweit vom 26. Juni bis zum 31. August dauern, und auf den Neustart danach.
Lockerungen im aktuellen Schuljahr gab es nur sehr begrenzt. Im Laufe des Mais öffneten Kindergärten und Grundschulen (Klasse 1-3) ihre Tore für eine Minimalbetreuung, von der aber nur etwa jedes zehnte Kind profitierte. Weiterführende Schulen boten schon etwas früher einzelne Einheiten an. Zum Ausgleich kündigte Präsident Andrzej Duda, der sich gerade im Wahlkampf befindet, ein einmaliges „Feriengeld“an. 120 Euro pro Kind soll es geben.