Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wendels Dienstwagen
Der Bürgermeister der 2940 Einwohner zählenden Gemeinde bekommt ein Elektroauto. Nicht nur für sich alleine
Der Bürgermeister der 2940 Einwohner zählenden Gemeinde Aystetten bekommt ein Elektroauto. Allerdings nicht nur für sich alleine.
Aystetten Jürgen Schantin musste sich in letzter Zeit unangenehme Fragen gefallen lassen: „Kollegen haben mich gefragt, ob wir in Aystetten größenwahnsinnig geworden sind“, sagte der Geschäftsführer der Gemeindeverwaltung auf der jüngsten Gemeinderatssitzung. Anlass für die Nachfragen sei gewesen, dass es in Aystetten seit kurzer Zeit eine Diskussion über einen Dienstwagen für den Bürgermeister gibt. Und in der Tat fiel bei der Sitzung des Gemeinderats der Beschluss, dass für Peter Wendel ein Elektroauto geleast werden soll.
Zum Hintergrund: Grund für die Diskussion ist ein Antrag der Grünen aus dem Mai. Diese hatten mit Unterstützung der CSU beantragt, dass Wendel für drei Monate ein Fahrtenbuch führen soll, um seine monatliche Fahrtkostenpauschale neu festzusetzen. In seiner bisherigen Amtszeit hatte der ehemalige Polizist eine monatliche Pauschale von 120 Euro bekommen, um ihn für die Nutzung seines privaten Fahrzeugs zu entschädigen: „Nach zwölf Jahren ist es endlich an der Zeit, dass Wendel seine Fahrten abrechnet – schließlich ist das so vorgeschrieben. Dann kann er auch weiter die Pauschale beziehen“, sagt die grüne Dritte Bürgermeisterin Ursula Reichenmiller-Thoma auf Anfrage unserer Zeitung. Es sei ohne Fahrtenbuch unmöglich zu wissen, ob die Höhe der Pauschale angemessen sei. Wendel hatte seine beruflichen Termine bisher mit seinem privaten Wagen oder dem Fahrrad erledigt. Das Landratsamt bestätigt, dass ein Fahrtenbuch über einen repräsentativen Zeitraum nötig ist, um die Höhe der Pauschale festzulegen. Wendel könne darin auch Fahrradfahrten abrechnen.
Der Antrag wurde bei der Sitzung im Mai mit den Stimmen von CSU und Grünen und gegen die Freien Wähler beschlossen. Wendel lehnte eine solche Buchführung und diesen Aufwand ab, forderte daraufhin einen Dienstwagen: „Der steht mir rechtlich zu“, sagte er. Bayerische Bürgermeister haben laut Landratsamt einen Anspruch auf einen Dienstwagen, nutzen ihn aber meist nicht. Stattdessen werden sie in diesem Fall für die Nutzung ihres privaten Fahrzeugs entschädigt. Gerade in kleineren Ortschaften ist die Pauschale das normale Vorgehen, um den Verwaltungsaufwand einer Einzelabrechnung zu reduzieren. Günstiger als ein Dienstwagen ist sie normalerweise auch.
In Aystetten wird es trotzdem eine Änderung geben: Dem Gemeinderat wurde der Vorschlag der Verwaltung präsentiert, dass für die Gemeinde Aystetten ein Dienstfahrzeug (Elektroauto) für den Ersten Bürgermeister und die Mitarbeiter der Verwaltung für berufliche Fahrten angeschafft wird. Der Gemeinderat werde um eine „effektive und sinnvolle Lösung“in dieser Sache gebeten. Das Gremium beauftragte daraufhin die Gemeindeverwaltung einstimmig, Angebote für das Leasing eines elektrischen Dienstwagens einzuholen.
„Ich habe in den letzten Wochen über 300 Euro Taxirechnungen bekommen“, sagte Schantin. Wendel war in der Zeit nach der Mai-Sitzung mit dem Taxi zu Terminen gefahren. Das müsse nicht jedem gefallen, aber es sei rechtlich sauber abgerechnet, sagte Schantin. „Der Gemeinderat wollte das so“, erklärte Wendel auf der gleichen Sitzung seine Reaktion auf die Fahrtkostendiskussion. Er verließ den Saal und kam erst nach der Beendigung der Debatte zurück. Die Gesprächsleitung hatte er vorher schon, wie immer, wenn es um seine Bezüge geht,
Zum Laden fehlt noch die Infrastruktur
an seinen Stellvertreter Roland Woppmann (CSU) abgegeben.
Das neue Fahrzeug in Aystetten soll nicht nur von Wendel genutzt werden. Auch andere Gemeindeeinrichtungen könnten es nutzen. Wendels Termine hätten aber Vorrang. So soll laut Verwaltung gewährleistet werden, dass das Fahrzeug auch ausgelastet ist.
Beim Aufladen des Akkus könnte es Probleme geben:„Wir haben keine Ladeinfrastruktur in Aystetten“, betonte Verwaltungschef Schantin. Erwin Stocker von den Freien Wählern merkte zudem an, dass es keinen Stellplatz für das Auto gebe. Durch die Kosten wird laut Schantin außerdem ein aufwendiger Nachtragshaushalt ausgelöst.
Trotzdem war die Anschaffung im Gemeinderat unstrittig. Auch die Grünen sind nicht gegen einen Dienstwagen: „Wir sind einem elektrischen Kleinwagen nicht abgeneigt“, erklärt ReichenmillerThoma. Momentan fahre Wendel ein älteres Auto und es sei an der Zeit, auf ein emissionsfreies Modell umzusatteln.