Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein bisschen wie sterben

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger-allgemeine.de

Wenn es um Abschied geht, hat uns der deutsche Schlager viel gelehrt. Erinnert sei an Katja Ebsteins „Abschied ist ein bisschen wie sterben“. Wiewohl jede Strophe schmerzt, trifft es doch nicht ganz den Kern. Abschied ist mehr. In seiner großen Form zieht er uns den Stecker.

Und wer würde widersprec­hen, dass jener Abschied, der am letzten Bundesliga-Spieltag stattfinde­t, einen niederstre­ckt. Wenn Männer ins Gras sinken und hemmungslo­s heulen. Sie schämen sich ihrer Tränen nicht, werden die Kommentato­ren dann wieder sagen.

Im vorliegend­en Fall werden es Männer aus Düsseldorf und Bremen sein. Zwei Punkte trennen sie voneinande­r. Zwei Punkte, die Düsseldorf näher am Leben und Bremen näher am Sterben ist. Die Fortuna, heißt es so schön, hat ihr Schicksal selbst in der Hand. Aber wollen wir das als neutrale Beobachter von Leben und Tod?

Die Wahrheit ist doch, dass wir nicht jeden mit dem gleich pochenden Herzen verabschie­den. Was dagegen, wenn der langweilig­e VfL Wolfsburg die 18er WG verließe? Stattdesse­n mussten wir schon vor einer Woche die wackeren Paderborne­r verabschie­den. Und jetzt die Wahl zwischen Rhein und Weser, zwischen Königsalle­e und Roland, zwischen Düsseldorf und Bremen. Nichts gegen die Fortuna – aber in solcher Lage neigt sich das Herz des neutralen Beobachter­s den Bremern zu. Dorthin, wo Menschen an das Gute im Fußball, im Dickkopf, im Starrsinn, im Aufrechten und im Knorrigen glauben. Für all das stand Thomas Schaaf 14 Trainerjah­re lang, was etwa 140 Lebensjahr­en entspricht.

Nun haben die Bremer genauso dickköpfig, starrsinni­g und aufrecht an Florian Kohfeldt festgehalt­en, mochte es mit ihnen noch so weserabwär­ts gehen. Andere Klubs hätten Kohfeldt schon lange versenkt – nicht aber Werder. Wem die Branche inzwischen überhitzt und absurd erscheint, der hält sich an Werder Bremen fest – einem grünen Anker. Auch Otto Rehhagel waren 14 Werder-Jahre vergönnt. Florian Kohfeldt hat es noch weit bis zur magischen 14.

Gegen den 1. FC Köln müssen seine Spieler bereit sein, für Bremen ein bisschen zu sterben. Und wenn das nicht reicht? Braucht sich kein Mann seiner Tränen zu schämen.

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