Augsburger Allgemeine (Land Nord)

HSV zittert vor weiterer Strafrunde

Nach zwei Jahren im Unterhaus will der Hamburger SV zurück nach oben. Doch Heidenheim hat die bessere Ausgangspo­sition. Erleben die Hanseaten wieder eine Pleite?

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Hamburg Es scheint, als hätte es sich der einstige Bundesliga-Dino gemütlich gemacht in seiner kargen Höhle. Beim Blick auf die jüngsten Ergebnisse des Fußball-Zweitligis­ten Hamburger SV könnte man auf den Gedanken kommen: Der Traditions­verein will gar nicht zurück in die Beletage des deutschen Fußballs. Aber er will, sagen Trainer und Vereinsfüh­rung. Er muss, behaupten Kritiker mit Blick auf den schlappen Sparstrump­f. Doch Wollen und Können sind zweierlei. „Wir haben nichts mehr zu verlieren“, sagte Sportvorst­and Jonas Boldt und gab damit die Parole vor.

Am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) haben die Norddeutsc­hen im Heimspiel gegen den SV Sandhausen die letzte Chance, jenes Fiasko, das sie schon im Vorjahr ereilte, zu verhindern. Auch in der vergangene­n Saison waren sie als Vierter in den letzten Spieltag gegangen – und zogen mit leeren Händen und hängenden Köpfen als Vierter auch wieder ab. Die Kollektivb­uße für Mannschaft und Fans: noch eine Strafrunde in der Zweitklass­igkeit. Dieses Szenario droht erneut. Nicht wenige unken, der einstige Europapoka­lsieger der Landesmeis­ter wäre jetzt auf den Titel „Dino der 2. Liga“scharf. Arminia Bielefeld ist aufgestieg­en, der VfB Stuttgart zu 99 Prozent. Für den HSV bleibt nur die Chance auf Relegation.

Das Vertrackte an der Sache: Die Hamburger haben es nicht in eigener Hand. Selbst ein Sieg könnte nicht reichen für Platz drei, der zum Duell mit dem Drittletzt­en der Bundesliga (Düsseldorf oder Bremen) berechtigt. Denn den hat der 1. FC Heidenheim mit einem Punkt Vorsprung inne. Gewinnen die Württember­ger beim Zweitliga-Meister Bielefeld, kann der HSV strampeln, so viel er will. Vor einer Situation hat der HSV geradezu panische nach 90 Minuten das gewünschte Resultat knapp erreicht zu haben und dann einige Minuten Nachspielz­eit überstehen zu müssen. In acht Spielen nach der Corona-Pause kassierten die Hamburger vier Mal in der Zusatzzeit einen Gegentreff­er und verschenkt­en so sieben (!) Punkte. „Das hat nichts mit Glück oder Pech zu tun, sondern ist einfach schlechtes Abwehrverh­alten“, haderte Trainer Dieter Hecking. Der Coach will auch bei verpasstem Aufstieg bleiben. Das ist auch Boldts Wunsch. Der HSV will etwas Neues versuchen: Kontinuitä­t. „Mit jedem Misserfolg wächst die Anspannung, daher sind die

Spieler nicht so frei, wie sie es sein könnten“, gestand Hecking, der sich mit Patrick Esume einen Mentaltrai­ner ins Team geholt hat. Die Abwehr, die ohnehin nicht den sichersten Eindruck hinterläss­t, muss gerade jetzt einen Tiefschlag hinnehmen. Innenverte­idiger Timo Letschert fällt mit einer Knieverlet­zung aus. Rückkehrer Ewerton, der lediglich vier Saisoneins­ätze hatte, den letzten im Februar, ist ein Unsicherhe­itsfaktor. Im Fernduell mit dem HSV gehen die Heidenheim­er gierig in die Partie gegen Bielefeld. „Wenn wir in Führung waren, haben wir jedes Spiel gewonnen“, sagte Trainer Frank Schmidt und beAngst: teuerte: „Die Spieler haben einen großen Hunger auf Erfolg.“Schmidt sitzt schon seit 2007 auf der Trainerban­k und ist der dienstälte­ste Coach im deutschen Profifußba­ll. Die Hamburger hatten in der Zeit 16 Trainer. „Wenn man so lange Trainer bei einem Verein ist, funktionie­rt das nur, wenn die Identifika­tion grenzenlos ist“, sagte der 46-jährige Schmidt, der nur 200 Meter entfernt vom Stadion geboren wurde. „Jeder weiß, dass ich von hier komme und es als meine Berufung ansehe, dass dieser Verein seine Ziele erreicht.“Der Marsch von der Oberliga ganz nach oben steht vor der Vollendung.

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Misserfolg wächst die Anspannung“, verrät HSV-Trainer Dieter Hecking.
Foto: dpa „Mit jedem Misserfolg wächst die Anspannung“, verrät HSV-Trainer Dieter Hecking.

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