Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Schuldspruch für russischen Regisseur
Dem international gefeierten Regisseur Serebrennikow wird Veruntreuung vorgeworfen. Nun fiel das Urteil
Moskau Der Schuldspruch gegen den russischen Starregisseur Kirill Serebrennikow hat in Russland und darüber hinaus breites Entsetzen ausgelöst. In Moskau zeigten sich hunderte Menschen vor dem Gerichtssaal tief betroffen, es flossen Tränen, als Richterin Olessja Mendelejewa am Freitag das Urteil verkündete. Das Strafmaß war erst Stunden nach dem Schuldspruch klar. Dann hieß es, dass Serebrennikow zu einer dreijährigen Bewährungsstrafe verurteilt werde. Es sei aber nicht nötig, ihn von der Gesellschaft
zu isolieren, sagte die Richterin. Sie verhängte ein Verbot gegen ihn, weiter als Theaterdirektor zu arbeiten. Zudem sollten er und sein Team die veruntreute Summe von 129 Millionen Rubel (1,6 Millionen Euro) in die Staatskasse zurückzahlen.
Beobachter des Verfahrens kritisierten, dass keine Beweise vorgelegt wurden. Es handele sich um einen Schauprozess gegen die liberale Kulturszene in Russland, hieß es. Die Richterin verlas das Urteil leise, schnell und mit monotoner Stimme, legte am späten Vormittag auch eine Pause ein. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte der Agentur zufolge, dass der Fall analysiert werden müsse – auch mit Blick auf staatliche Finanzierung der Kultur. Der prominente Rapper Oxxxymiron (Oksimiron) rief seine zwei Millionen Follower bei Instagram auf, zum Gerichtsgebäude zu kommen, um gegen das inszenierte Strafverfahren in Russland zu demonstrieren.
Auch die deutsche Theaterszene protestierte gegen die Verurteilung
Serebrennikows, der unter anderem für Bühnen in Berlin, Stuttgart und Hamburg gearbeitet hatte. Russland erlebe gerade die „Wiedergeburt einer stalinistischen Repressionsmaschine“, sagte die prominente Kulturexpertin Irina Prochorowa im Radiosender Der Philosoph Leonid Gosman sprach von einem „echten Hass“des Machtapparats gegen Serebrennikow. „Das ist ein Regime, das gegen alles Lebendige, gegen alles Talentierte ist“, sagte er in einer Videoschalte der Internetplattform des Radiosenders.