Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ex-Sozialreferent kritisiert Sparpläne fürs Jugendamt
Weil Corona ein Loch in die städtischen Finanzen reißt, soll eine Reihe neuer Stellen erst mal nicht besetzt werden. Stefan Kiefer warnt vor Risiken für das Kindeswohl, andere Stadträte sorgen sich auch um den Baumschutz
Die Einwohnerzahl der Stadt Augsburg wächst – und damit nimmt auch die Arbeit in der Stadtverwaltung zu. Noch Ende 2019 wurden deshalb zahlreiche neue Stellen bewilligt, jährlich sollte das die Stadt an die zwölf Millionen Euro kosten. Ein Teil dieser Stellen soll nun bis auf Weiteres nicht besetzt werden, um angesichts der Corona-Krise Geld zu sparen. Stadträte äußern aber Bedenken, dass das Sparen hier auf Kosten von Kinder- und Umweltschutz gehen könnte.
Es geht insgesamt um rund 20 Stellen, die zwar Ende 2019 von den Stadträten bewilligt, aber von den Ämtern bisher noch nicht besetzt worden sind. Werden sie auch weiterhin nicht besetzt, muss die Stadt pro Jahr im Schnitt rund 1,7 Millionen Euro weniger ausgeben. Der frühere Sozialreferent Stefan Kiefer (SPD) sagte in der jüngsten Sitzung des Stadtrats, er sehe es kritisch, dass drei geplante
Stellen im Sozialdienst nicht besetzt werden sollen. Der Sozialdienst ist der Außendienst des Jugendamtes. Die Mitarbeiter suchen Familien auch auf und sollen bei Krisensituationen helfen – etwa bei Konflikten, Erziehungsproblemen, Lebenskrisen oder Misshandlungen.
Kiefer sagte: „Wir hinken ohnehin dem Bedarf hinterher“. Es gehe darum, in Kinderschutzfällen leistungsfähig zu sein. Das Kindeswohl müsse ganz oben stehen – auch bei der Entscheidung, wo gespart werden könne. Mit seinem Einspruch zog SPD-Mann Kiefer den Ärger von Personalreferent Frank Pintsch (CSU) auf sich. Pintsch begann seinen Konter zwar mit den Worten „Lieber Stefan“, warf ihm dann aber vor, in „hohem Maße unlauter“zu agieren. Der Sozialdienst sei die einzige Dienststelle der Stadt, die trotz des Besetzungsstopps immerhin zwei neue Stellen bekommen habe. Es würden nur drei der fünf Stellen vorerst nicht besetzt. Er lasse sich nicht vorwerfen, auf dem Rücken von Kindern zu sparen.
Kritisch sehen mehrere Räte auch, dass neu geschaffene Stellen im Bereich Baumschutz nicht besetzt werden. Es geht um Mitarbeiter, die darauf achten sollen, dass die städtische Baumschutzverordnung
eingehalten wird, und um Kontrolleure, die den Zustand der städtischen Bäume im Blick behalten. Die Bäume leiden durch den Klimawandel immer stärker; der Aufwand, sie zu pflegen, wird größer. ÖDP-Rat Christian Pettinger etwa fragte: „Können wir auf fünf Stellen im Baumbereich verzichten, obwohl wir genau hier in den letzten Jahren ständig Ärger hatten?“. Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) räumte ein, es sei schmerzlich, aber es müssten eben auch alle Referate ihren Beitrag zum Sparen leisten. Frank Pintsch sagte: „Es fällt uns allen nicht leicht, zu sparen und es ist auch schwierig“.
Zumindest derzeit gebe es für die Mitarbeiter der Stadt aber keinen Beförderungsstopp und alle bestehenden Stellen in der Stadtverwaltung, die frei werden, sollen auch wieder besetzt werden. Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) sagte, sie lehne auch eine Haushaltssperre wegen der Corona-Krise ab. Die Stadt muss nach derzeitigen Schätzungen in diesem Jahr womöglich mit bis zu 50 Millionen Euro weniger auskommen als geplant. Deshalb müsse man vorsichtig agieren, so Weber, aber auch nicht gleich alle Projekte stoppen. Speziell die Schulsanierungen sollen weiterlaufen.