Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Denkmäler lieber als Denkanstoß nutzen
Zur Debatte „Müssen auch Augsburger Denkmale stürzen“vom 20. Juni: Rassismus ist inakzeptabel. Kolonialismus ist inakzeptabel. Da gibt es nichts zu diskutieren. Eine Diskussion um das Entfernen von Denkmälern wäre dennoch ein Witz. Denn bei solchen Debatten stimmen in der Regel noch nicht mal die Grundvoraussetzungen. Erstens fehlt es an Faktenwissen und zweitens an der Einsicht, dass das Verurteilen 500 Jahre vergangenen Tuns mit der Denke eines aufgeklärten und sozial bestens abgefederten Jetzt-Zeit-Menschen kaum zielführend sein kann.
Nehmen wir das von Jörg Heinzle erwähnte Beispiel der „geknechteten Arbeiter in Bergwerken“. Ja, die Arbeitsbedingungen waren nach heutiger Auffassung viehisch, und ja, es gab Frauen- und Kinderarbeit in den Erzgruben. Aber wahr ist auch: Die Arbeit der Bergknappen war begehrt. Die Menschen wanderten freiwillig von weither in die Bergbauorte ein. Sie erhielten einen relativ hohen Lohn, hatten geregelte Arbeitszeiten samt freiem Sonntag, genossen einen hohen sozialen Status – und bekamen der schweren Arbeit wegen Schmalz und Fleisch zu essen. Zweitens wäre es auch gut, vom romantisierenden Ammenmärchen des sozialen Wohltäters Jakob Fugger Abschied zu nehmen: Die Fuggerei war ein Geschäft mit Gott, um als (vermeintlich) sündiger Kaufmann schneller dem Fegefeuer zu entkommen.
Übrigens steht auf dem Fuggerplatz nicht die Bronzefigur Jakob Fuggers („des Reichen“), sondern die des Pleitiers Hans Jakob Fugger. Dass dieser evangelische Bürger der Stadt – so sie „Leute kleinen Vermögens und schlechten Herkommens“waren – auf die Galeeren schicken wollte, war schon seinerzeit nicht sehr denkmalwürdig. Doch dieses Denkmal haben nicht die Augsburger aufgestellt: Bezahlt hat es ein bayerischer König aus dem Hause Wittelsbach. Was also tun? Vorschlag: Lasst die Denkmäler stehen. Nutzt sie als Denkanstoß dafür, euch mit den tragischen, blutigen und (selten) erfreulichen Geschichten zu befassen, die sich hinter solchen Standbildern verbergen. Das würde es erlauben, aus der Geschichte zu lernen.
Martin Kluger,
und dem streng-verbissenen, harten Gesichtsausdruck J. Fuggers. Die Fugger-Nachkommen können sich mit dieser Bronze nicht rühmen, hinausgeworfenes Geld!
Georg Coulin,