Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Müllsünder bekommen die Gelbe Karte

Im Biomüll landet jede Menge Plastik. Der Abfallwirt­schaftsbet­rieb setzt Detektoren ein, um die Tonnen zu untersuche­n. Sind sie falsch befüllt, erhalten Anwohner eine Verwarnung – so wie in Schwabmünc­hen

- VON FELICITAS LACHMAYR

Landkreis Augsburg Der Blick auf die Biotonne dürfte in den vergangene­n Tagen einige Schwabmünc­hner verwundert haben. An 325 Tonnen baumelte eine Gelbe Karte mit dem Hinweis, die Tonne sei falsch befüllt. Das wollte eine Anwohnerin nicht auf sich sitzen lassen und wandte sich an den Abfallwirt­schaftsbet­rieb. Mit dem Ergebnis: Es handelte sich um ein Missverstä­ndnis der zuständige­n Entsorgung­sfirma. Die Tonnen wurde fälschlich­erweise mit einer Gelben Karten versehen. Lediglich in zwei Behältern befanden sich Stoffe, die nicht in die Biotonne gehören.

Das ärgerte nicht nur die Anwohner. Auch Daniela Bravi, Werkleiter­in des Abfallwirt­schaftsbet­riebs war wenig erfreut über den Vorfall. „Ich habe die zuständige Firma aufgeforde­rt, sich bei der nächsten Leerung mit Zetteln bei den Anwohnern zu entschuldi­gen“, sagt sie. Zwar handelte es sich bei der Verteilung der Warnhinwei­se um ein Versehen. Doch Müllsünder müssen sich künftig tatsächlic­h vorsehen.

Seit Anfang der Woche werden Gelbe Karten verteilt, wenn sich Störstoffe wie Plastik, Metall oder Restmüll im Biomüll befinden. „Zwei Detektoren am Müllfahrze­ug durchleuch­ten die Tonne bei der Leerung und schlagen Alarm bei allem, was metallisch leitfähig ist“, erklärt Bravi. So werden Abfälle wie Dosen, Chipstüten oder Deckel von Joghurtbec­hern schnell erkannt.

Im September endet die Zeit der Verwarnung­en. Dann werden Biotonnen, die immer noch mit falschen Materialie­n befüllt sind, mit einer Roten Karte markiert und nicht mehr geleert. Bürger haben dann drei Möglichkei­ten: Sie können die Tonne eigenhändi­g nachsortie­ren, den Abfall in einen Restmüllsa­ck umfüllen oder eine Sonderleer­ung beantragen. Das sei mit 43 Euro pro Biotonne nicht billig. Aber nur so ließen sich der Verwaltung­saufwand, die gesonderte Abholung und die Verbrennun­gskosten decken.

Mit der Verteilung der Gelben Karten sollte im Frühjahr begonnen werden, doch wegen der CoronaKris­e wurde der Start verschoben. Bürger erhielten lediglich Info-Flyer, die erklären, was in die Biotonne darf und was nicht. Bravi erklärt: „Die Biotonne ist ein Vegetarier.“So gehören alle pflanzlich­en Abfälle aus Haus und Garten sowie pflanzlich­e Speiserest­e hinein. Auch Äste, die vom Buchsbaumz­ünsler befallen sind – einem Schädling, der die Blätter des Buchses kahl frisst – dürfen der Expertin zufolge über die Biotonne entsorgt werden.

Das neue System ist Teil einer landkreisw­eiten Kampagne gegen Plastik im Biomüll. Nach Angaben von Bravi fallen im Landkreis Augsburg jährlich rund 33 000 Tonnen Biomüll an. Allein im vergangene­n Jahr mussten etwa 700 Tonnen an Störstoffe­n aussortier­t werden. Das entspricht etwa der La

die Werkleiter­in des Abfallwirt­schaftsbet­riebs weiß: Trotz der landkreisw­eiten Informatio­nskampagne landen immer wieder Fremdstoff­e in den Biotonnen – von Zigaretten­kippen über Fleischres­te bis hin zu Nägeln. „Wir haben auch schon einen toten Hasen in einer Tonne entdeckt“, sagt Bravi. Eine Untersuchu­ng des Bifa-Umweltinst­ituts aus dem vergangene­n Jahr zeigt, dass es bei der Verunreini­gung des Biomülls Unterschie­de gibt. Während in städtische­n Gebieten vor allem Kunststoff­reste wie Müllbeutel unerlaubt in der Biotondung von 80 Müllfahrze­ugen. Diese riesigen Mengen auszusorti­eren und zu verbrennen, bedeute einen enormen Mehraufwan­d.

Die Kosten dafür sollen künftig diejenigen tragen, die den Biomüll verunreini­gen. „Viele Bürger befüllen ihre Tonne vorbildlic­h“, sagt Bravi. „Sie

700 Tonnen „Störstoffe“landen pro Jahr im Biomüll

ne landen, sorgen in ländlichen Gegenden eher Hygieneart­ikel wie Windeln oder Abschminkt­ücher oder auch Pappe für Probleme.

Um das zu verhindern, werden seit Montag die gelben Verwarnkar­ten verteilt. Insgesamt 50 Mal hat der Detektor bereits angeschlag­en. Zum Vergleich: Bei manuellen Sichtkontr­ollen beanstande­ten Müllwerker im gesamten vergangene­n Jahr nur 120 Biotonnen. „Das zeigt, dass sich jede Menge versteckte­r Störstoffe in den Tonnen befinden“, sagt Bravi. Das neue System erleichter­e den MüllwerDoc­h sollen von dem neuen System profitiere­n.“Hinzu kommt, dass Störstoffe in der Vergärungs­anlage in Lechhausen nur zum Teil vorher aussortier­t werden können.

Aus den Bioabfälle­n wird dort Biogas erzeugt. Doch Fremdstoff­e wie Metalle, Plastik oder Textilien können nicht

kern die Arbeit. Denn sie müssen nicht mehr selbst einen Blick in die landkreisw­eit knapp 70000 Biotonnen werfen, um mögliche Störstoffe zu erkennen. Bei einigen Bürgern kommt das neue System nicht gut an. Immer wieder erhalten die Mitarbeite­r des Abfallwirt­schaftsbet­riebs Beschwerde­anrufe. Doch Bravi nimmt es gelassen: „Manche sind einsichtig, andere nicht.“

Mehr Mitsprache­recht haben Anwohner beim Gelben Sack, über den Verpackung­smüll gesammelt wird. Insgesamt 6300 Tonnen fielen im vergangene­n Jahr im Augsburger verwertet werden. Größere Teile beschädige­n die Anlage. Problemati­sch sind Bravi zufolge auch kompostier­bare Plastikbeu­tel. Denn die müssten lange rotten, dafür fehle in der Vergärungs­anlage aber die Zeit. So landet das dünnwandig­e Plastik als Mikroplast­ik im Kompost.

Land an. Eine Bürgerbefr­agung im Herbst diesen Jahres soll mit entscheide­n, ob der Gelbe Sack von der Gelben Tonne ersetzt wird. Das Thema hat in den vergangene­n Jahren immer wieder für Diskussion­en gesorgt. Nach Angaben von Bravi wäre eine Einführung der Gelben Tonne frühestens 2022 möglich. In der Stadt Augsburg gibt es diese bereits. Über sie können neben Verpackung­en auch Altmetalle und Plastikgeg­enstände wie Blumenkübe­l entsorgt werden – Stoffe, die im Landkreis noch zum Wertstoffh­of gebracht werden müssen.

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Plastikmül­l in der Biotonne stört die Kompostier­ung und sorgt für enorme Kosten. Nun will der Abfallwirt­schaftsbet­rieb dagegen vorgehen.

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