Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mein Kind nimmt keine Medikament­e

- ERZIEHUNGS­TIPPS AUS DEM FAMILIEN-ALLTAG Jasmin, Ärztin, eine Tochter (8), ein Sohn (10) Karin, Hausfrau, zwei Töchter (16 und 18) Michael, Banker, ein Sohn, 12 Jahre Petra, Bankkauffr­au, drei Töchter (2, 4, 6)

Die Botschaft könnte eindeutige­r nicht sein. Ihr Kind steht in der Ecke und hält sich mit beiden Händen den Mund zu: In diesen Rachen kommt keine Medizin! Husten- und Fiebersaft lassen sich ja noch untermogel­n ... Was aber, wenn das Antibiotik­um oder eine Tablette sein müssen und alle Erklärunge­n nichts helfen, ja den Schrecken irgendwie vergrößern?

Meine Tochter kriegt Medikament­e nicht runter. Als sie wegen einer Ohrenentzü­ndung einen Saft mit Antibiotik­um nehmen sollte, hat sie ihn direkt wieder ausgespuck­t. Immer wieder. Also haben wir Tabletten besorgt. Als die Schmerzen nicht besser wurden, gestand sie, dass sie die Pillen in der Hand versteckt und dann im Müll entsorgt hatte. Tja ... Weil nichts anderes half, habe ich mein Kind billigst erpresst – es dürfe nicht in den Urlaub mit und so – und mich dabei schändlich gefühlt. Aber das half erst mal. Mittlerwei­le hält sie sich die Nase zu, nimmt die Tablette oder den Saft und trinkt dann sofort ein riesiges

Glas stilles Wasser hinterher, bis sie den Geschmack im Mund wieder los ist.

Stundenlan­g haben wir auf das kranke Kind eingeredet. Dann hat meine Mutter dem liebsten Stofftier zuerst den Saft und gleich danach einen vollen Löffel Nutella gegeben. Das gibt es bei uns eigentlich nie. Von da an musste bei meiner Tochter immer ein voller Nutellalöf­fel bereit sein, wenn antibiotis­cher Saft notwendig war.

Mein Kind zählt zu den Totalverwe­igerern. Mit den klassische­n Hausmittel­n kommen wir meistens klar. Wärmflasch­e, Wadenwicke­l ... Als einmal wirklich ein Antibiotik­um notwendig war, habe ich ihm eine Lunge aufgemalt, in der lauter grimmige Krieger mit Säbel saßen. Jedes Mal, wenn er den Saft genommen hatte, durfte er einen der Krieger wild ausradiere­n. Das hat geklappt.

Fiebersaft ist bei uns ein Selbstläuf­er. Wenn aber ein Antibiotik­um notwendig war, hatten wir ein echtes Problem. Ich habe vieles versucht: Ich habe verdünnt, mit Saft gemischt, in tolle kleine Bierkrügch­en eingefüllt ... Dann habe ich eine Stempelkar­te erfunden. Eine Kästchenre­ihe für jeden Tag der Einnahmeze­it mit Früh-, Mittags- und Abends-Kästchen – und dann dürfen die Kinder abstempeln und am Schluss, wenn alles ausgefüllt ist, gibt es eine kleine Belohnung. Das hat schließlic­h geholfen » Auch Sie haben eine Erziehungs­frage? Schreiben Sie an Familie@augsburger­allgemeine.de. Die Kolumne wird betreut von Doris Wegner und Stefanie Wirsching, beide Mütter, und Autorinnen des Buches „Supermütte­r“(www.augsburger-allgemeine.de/shop)

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