Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Alles billiger: Hefe, Klopapier und Fußballer

- VON MILAN SAKO ms@augsburger-allgemeine.de

Ab heute wird gekauft, was der Geldbeutel hergibt. Die Milch bei Lidl, das Schnitzel bei Aldi, die Fußballer aus der Bundesliga – alles wird billiger. Um die Kauflust der Bürger nach der Corona-Krise zu wecken, senkte die Regierung die Mehrwertst­euer. Es könnte wieder gehamstert werden – Klopapier, Hefe, Flüssigsei­fe. In den Läden purzeln dank der Steuersenk­ung die Preise. Einen anderen Grund hat der Preisverfa­ll auf dem Transferma­rkt im Profi-Fußball, der am 1. Juli öffnet. Die Klubs müssen sparen. Am Fußball-Wühltisch dürfte sich der Andrang in Grenzen halten.

Die Corona-Krise hat Löcher in die Geldbeutel gerissen. Das ist im Profi-Fußball nicht anders als bei Max Mustermann. Bis Februar 2020 kannten die Klub-Bosse nur ein Ziel: dicker, fetter, satter, teurer. Dank der Fantastill­iarden aus den Fernseh-Einnahmen lösten aberwitzig­e Ablösesumm­en für mittelmäßi­ges Personal lediglich ein Schulterzu­cken aus. Ist halt so im überdrehte­n Fußballges­chäft. Mit einem Virus kehrte Demut ein.

Das erste prominente Opfer der Krise kommt aus Gelsenkirc­hen. Schalke 04 steht offensicht­lich vor der Pleite. Aufsichtsr­atchef Clemens Tönnies legte sein Amt nieder. Nach dem Corona-Desaster in seiner Schlacht-Fabrik in die Kritik geraten, zog der Patriarch nun im Klub die Konsequenz­en. Dem Blitzeinsc­hlag dürfte ein langes Gewitter folgen. Die Lage ist dramatisch. Offenbar mussten die Schalker einen Kredit in Höhe von 40 Millionen Euro aufnehmen, um zu überleben. Als Bürge soll das Land Nordrhein-Westfalen eingesprun­gen sein. Ministerpr­äsident Armin Laschet will es nicht bestätigen. Fakt ist: Der Traditions­klub hat an den Folgen einer jahrelange­n Misswirtsc­haft zu knabbern.

Die Nachfolger des legendären Managers Rudi Assauer kauften ein, was teuer war – aber nicht unbedingt gut. Wenn ein weltbekann­ter Abwehrspez­ialist wie Matija Nastasic über vier Millionen Euro Jahresgeha­lt erhält, will man nicht wissen, welchen Rolls Royce der dritte Ersatztorw­art steuert. Auch weil die Fans das Schlachten der Werte unter Tönnies satt hatten, zog der Aufsichtsr­atchef nun die Konsequenz­en. Und weil Ebbe in der Kasse herrscht, besinnt sich S04 auf die Werte des oft beschworen­en, aber selten gelebten Kumpelund Malocherkl­ubs. Aus der Not singen sie das Hohelied der Gehaltsobe­rgrenze. Kein neuer Vertrag darf 2,5 Millionen Euro überschrei­ten. Die Knappen (Achtung, kein Wortwitz) leben jetzt ein bisschen wie wir alle – müssen aufs Geld schauen und gehen zum Discounter statt in die Feinkostab­teilung. Der neue Chef muss die Einkaufsze­ttel genau prüfen.

 ?? Foto: dpa ?? Der Bundesligi­st Schalke 04 steht vor stürmische­n Zeiten.
Foto: dpa Der Bundesligi­st Schalke 04 steht vor stürmische­n Zeiten.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany