Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Kindstaufe mündet in Streit vor Gericht
Die Taufe seines Sohnes sollte eine große Sause werden. Doch die Rechnung über mehrere Tausend Euro schmeckte dem Angeklagten überhaupt nicht. Weil er nicht zahlen will, kommt es zum Prozess
Neusäß Mündliche Absprachen, schriftliche Festlegungen, Zusatzleistungen: Es ließ sich vor dem Augsburger Amtsgericht wirklich nicht ermitteln, ob ein 38-jähriger Angeklagter bei der Taufe seines Kindes einen geplanten Betrug an Wirtsleuten aus Neusäß begangen hatte. Weil er eben deswegen angeklagt war, wurde das strafrechtliche Verfahren gegen ihn wegen Geringfügigkeit eingestellt. Was laut Richterin nicht heißt, dass der Kindsvater der Gastwirtsfamilie dennoch mehrere Tausend Euro schuldig sein könnte. Darüber entscheide gegebenenfalls ein Zivilgericht.
Es war vor genau einem Jahr, dass der 38-jährige Angeklagte mit seiner Familie und Freunden in dem Lokal in Westheim die Taufe gefeiert hatte. Wie sich jetzt in der
Hauptverhandlung herausstellte, hatte der rumänische Bauarbeiter, wohnhaft in Peißenberg, bereits mehrere Wochen zuvor die Wirtsleute besucht, die ebenfalls aus Rumänien stammen. Gemeinsam habe man die Einzelheiten der Feier abgesprochen. Dabei sei dem Angeklagten ein Betrag von 6400 Euro genannt worden, darin enthalten unter anderem Kosten für die Benutzung des Saales, für die Musikgruppe, das Menü und die Tischgetränke. Grundlage für den Betrag seien bei einer gewünschten Veranstaltungsdauer von 19 Uhr bis 6 Uhr morgens 50 Gäste plus Kinder gewesen. Die Wirtsleute forderten eine Anzahlung von 1000 Euro, die der Bruder des Angeklagten umgehend geleistet habe.
Am Tag der Taufe kam es bereits gegen Mitternacht zu Problemen. Die Polizei tauchte auf und drohte mit Beendigung der Feier, wenn es nicht ruhiger würde. Zwei Stunden später machten die Beamten ihre Drohung wahr, eben weil es nicht ruhiger geworden war.
Zu diesem Zeitpunkt will der Angeklagte laut eigenen Angaben dem Lebensgefährten der Gastwirtin 3500 Euro in bar übergeben haben. Das sei sein letztes Gebot gewesen. Zum einen habe die Feier nicht so lange gedauert, wie vereinbart, dann sei das Menü anders gewesen als abgesprochen, und letztlich seien statt 50 nur 44 Gäste zur Feier gekommen. Eine Quittung für diese Zahlung habe er trotz Aufforderung nicht erhalten. Bekommen habe er, der Angeklagte, hingegen Drohungen per WhatsApp, falls er nicht zahle.
Außer den 1000 Euro Anzahlung habe es vom Angeklagten kein Geld gegeben, sagte hingegen der 49-jährige Lebensgefährte der Gastwirtin, quasi der Manager des Lokals, als Zeuge. Das mit den Drohungen, ja das sei richtig, aber der Angeklagte seinerseits habe angekündigt, den Ruf der Gaststätte und der Wirtsleute in Verruf zu bringen. Der Zeuge begründete vor dem Gericht auch, warum die Abschlussrechnung um 1000 Euro über dem anfangs vereinbarten Betrag gelegen habe. So sei mehr getrunken worden, als anfänglich vereinbart. Und es seien nicht weniger, sondern mehr Gäste da gewesen als abgesprochen.
Was aber war wirklich abgesprochen? Was gab es an mündlichen Abreden, was wurde handschriftlich von wem auf einem gemeinsam unterschriebenen Vertragsvordruck hinzugefügt?
Richterin Alena Weidemann und Staatsanwältin Marlies Dorn waren sich nach der Einvernahme der Zeugen und dem Studium der vorliegenden Unterlagen einig, dass der Angeklagte nicht, wie zunächst von der Staatsanwaltschaft vorgesehen, wegen Betrugs zu verurteilen sei. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Bauarbeiter in der Anklageschrift vorgeworfen, er habe von Anfang an vorgehabt, die Taufe zu feiern, ohne dafür bezahlen zu wollen. Dies sei nicht zu erkennen. Deswegen verfügte Richterin Weidemann auf Antrag der Staatsanwältin, das Verfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen. Sie erklärte dem Bauarbeiter, dass damit aber nur geklärt sei, dass er nicht wegen Betruges bestraft werde. Nicht zu klären sei vom Amtsgericht, welche Partei der anderen noch was an Geld schulde. Darüber hätten die Anwälte und gegebenenfalls ein Zivilgericht zu befinden.