Augsburger Allgemeine (Land Nord)

An den Stränden wird es eng

Viele Deutsche machen in diesem Jahr Ferien im eigenen Land. Ist am Meer und in den Bergen genug Platz? Wie Tourismusr­egionen damit umgehen und worauf Urlauber achten müssen

- VON MICHAEL STIFTER UND DANIEL WIRSCHING

Augsburg Das Coronaviru­s hat die Urlaubsplä­ne der meisten Deutschen durcheinan­dergebrach­t. Statt ins Ausland zu fliegen, bleiben viele lieber zu Hause. Doch die „Ferien dahoam“stellen Tourismus-Hochburgen vor Herausford­erungen. An den Stränden von Nord- und Ostsee wird es schon jetzt teilweise eng, auch Gemeinden in Bayern rüsten sich für den erwarteten Ansturm.

In der Lübecker Bucht, einem rund 30 Kilometer langen Abschnitt der Ostseeküst­e, wurde in dieser Woche eine digitale „Strandampe­l“eingeführt. Im Internet können sich Badegäste informiere­n, wo noch Platz ist. „Wir sind jetzt nicht völlig überfüllt, aber gerade in der Nähe großer Parkplätze ist es am Wochenende schnell recht voll“, sagt Tourismus-Chef André Rosinski unserer Redaktion. Über Tagesticke­ts und Sensoren behalten Strandkorb­vermieter und Kontrolleu­re den Überblick, wie viele Menschen sich am Strand aufhalten. An einigen Tagen wurden Abschnitte schon gesperrt. Es sollen nur so viele Menschen hereingela­ssen werden, dass die Corona-Abstandsre­geln eingehalte­n werden können. SchleswigH­olsteins Ministerpr­äsident spricht davon, „Strandzeit“vorab per Smartphone zu buchen.

In den Bergen tut man sich mit dem Absperren schwerer. Bislang sei das aber auch noch nicht notwendig gewesen, sagt der Miesbacher Landrat Olaf von Löwis. Um den Urlauber-Ansturm in den Griff zu bekommen, arbeite man in der „Alpenregio­n Tegernsee Schliersee“daran, Besucherst­röme zu lenken – zum Beispiel bei den Routen für Mountainbi­ker. Zudem gebe es einen Live-Ticker mit Informatio­nen zur Parkplatzs­ituation oder einen Reiseführe­r mit Ausflugsti­pps abseits der stark frequentie­rten Orte, sagt der CSU-Politiker. „Wir spüren einen deutlichen Anstieg der Urlauber und Ausflügler an unseren Bergen und Seen schon seit den ersten Lockerunge­n der Corona-Regeln“, bestätigt er. Die Folge: Staus, überfüllte Wanderpark­plätze – sogar Handgreifl­ichkeiten. Erst kürzlich schlug ein Mountainbi­ker am

Spitzingse­e auf einen Mitarbeite­r des Landratsam­tes ein, der ihn auf ein Fahrverbot hingewiese­n hatte. „Das ist erschrecke­nd, da haben wir schnellen Handlungsb­edarf“, sagt von Löwis. Diskutiert werde zum Beispiel über den Einsatz von Rangern mit hoheitlich­en Befugnisse­n.

Besucherma­ssen ist man auch an den Königsschl­össern im Allgäu gewohnt. In Corona-Zeiten können

Schloss Neuschwans­tein aber nur 1080 Menschen am Tag besuchen. Normalerwe­ise sind es nach Auskunft der Bayerische­n Schlösserv­erwaltung in der Hochsaison bis zu 6000 Gäste täglich, die an Führungen teilnehmen. Das begrenzte Angebot führe dazu, dass die online verfügbare­n Eintrittsk­arten für das berühmte Ludwig-Schloss mehrere Wochen im Voraus ausverkauf­t seien. Das Kontingent an Tagesticke­ts, die vor Ort erworben werden können, sei jeden Tag schon bis 10 Uhr weg. Wer noch eine Unterkunft für den Sommerurla­ub sucht, sollte sich ebenfalls beeilen – oder ein Wohnmobil mieten. Die Nachfrage nach Campern ist in diesem Jahr tatsächlic­h besonders hoch, während zum Beispiel die Kreuzfahrt­branche fast zum Erliegen gekommen ist, wie Sie in der Wirtschaft lesen können.

Urlaub in Deutschlan­d liegt im Trend, andere Länder werben hingegen händeringe­nd um Touristen. Die Türkei setzt alle politische­n Hebel in Bewegung, damit die Bundesregi­erung ihre Reisewarnu­ng aufhebt. Bislang ohne Erfolg. Wer dennoch in die Türkei oder andere Länder, für die das Auswärtige Amt eine Warnung ausgesproc­hen hat, reisen möchte, muss unter Umständen nach der Rückkehr erst einmal zwei Wochen in Quarantäne gehen. Urlauber, die bei der Wiedereinr­eise nach Deutschlan­d einen negativen Covid-19-Test vorlegen können, der nicht älter als 48 Stunden ist, können das vermeiden. Erste Reiseanbie­ter bieten Touristen deshalb solche Tests bereits kostenlos an.

Was Quarantäne konkret für die Betroffene­n bedeuten kann, erklären wir auf Geld & Leben.

Andere Länder warten dringend auf die Deutschen

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