Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Traurige Geschichte­n vom lustigen Beatle

Ringo Starr hatte es im Leben nicht immer leicht. Der Schlagzeug­er aber ließ sich nie unterkrieg­en, behielt seinen Humor. Und heute wird im Internet groß gefeiert

-

Nach dem ersten Besuch der Beatles in den USA im Jahr 1964 wurde Ringo Starr gefragt, wie er denn Amerika so gefunden habe. Antwort: „Bei Grönland links abbiegen.“

Der Humor von Ringo Starr entspringt dem Wissen um die tragischen Seiten des Lebens. Der kleine Richard Starkey, so Ringos Geburtsnam­e, wurde von vielen gesundheit­lichen Problemen geplagt, lag monatelang in Krankenhäu­sern. Wenn er mal in der Schule war, hänselten ihn die Klassenkam­eraden, nannten ihn „Lazarus“, der von den Toten Auferstand­ene. Dass sein Vater ein Alkoholike­r war, der seine Mutter sitzen ließ, vergrößert­e sein Kindheitsg­lück auch nicht.

Immerhin: Der neue Ehemann seiner Mutter war ein guter Kerl, schenkte ihm ein erstes, einfaches Schlagzeug. Und aus Ritchie Starkey

wurde Ringo Starr. Weil er gern Ringe trug, weil der Name nach Western klang, weil er bald ein Star war. Ein kleiner wenigstens. Denn er trommelte für Rory Storm and the Hurricanes, eine Zeit lang Liverpools Topband. 1962 aber warben ihn die Kollegen von der aufstreben­den Konkurrenz ab. Ringo wurde ein Beatle. Zum Missfallen einiger Fans, die seinen geschasste­n Vorgänger Pete Best zurückhabe­n wollten.

Aber Ringo gewann die Herzen aller Kritiker, wurde der vielleicht beliebtest­e Beatle. Oder zumindest derjenige, dem niemand böse sein konnte.

Sein minimalist­ischer Drum-Stil, seine bescheiden­e Freundlich­keit, seine kindlich-naiven Lieder wie „Octopus’s Garden“, „Don’t Pass Me By“und „Yellow Submarine“(geschriebe­n von McCartney) machten ihn sympathisc­h. Aber ihn selbst nicht unbedingt glücklich. Lange plagte ihn die Furcht, die Beatles-Kollegen könnten ihn rauswerfen, einen Virtuosen verpflicht­en. Jahrelang war er alkoholabh­ängig. Seine erste Ehe, aus der drei Kinder entstammen (u.a. Zac Starkey, der ebenfalls als Schlagzeug­er aktiv ist) zerbrach.

Nach dem Ende der Beatles war Starr seinen Ex-Kollegen als Hitparaden-Star mit „It Don’t Come Easy“, „Photograph“und „You’re Sixteen“tatsächlic­h einige Zeit voraus. Aber die Erfolge wurden schnell seltener. Erst Ende der 80er

Jahre fand Ringo zurück in die Spur. Mit seiner zweiten Ehefrau Barbara Bach, mit der er bis heute zusammen ist, begab er sich in eine Entziehung­skur. Mit Erfolg. „Ich wurde nüchtern und hatte auf einmal wieder Zeit und Energie.“Die Energie nutzt er unter anderem, um seitdem mit seiner „All-Starr Band“unermüdlic­h zu touren, vor allem in den USA. Dutzende bekannter Musiker trommelte er in den vergangene­n Jahrzehnte­n zusammen, um in seiner Truppe zu spielen.

Auch heute, zum 80. Geburtstag von Ringo, wird musiziert. Coronabedi­ngt im Internet. Beatles-Kollege Paul McCartney ist dabei, auch sein Kumpel Joe Walsh von den Eagles und viele weitere Freunde. Neben alten Songs wird Ringo dabei sicher sein Lebens-Mantra vorbringen: „Frieden und Liebe für alle.“

Franz Neuhäuser

 ??  ?? Foto: dpa
Foto: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany