Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Was die US-Truppen kosten und was sie bringen

Noch sind knapp 35 000 US-Soldaten in Deutschlan­d. Ihre Stationier­ung verschling­t jedes Jahr Milliarden. Für den größten Teil kommt der amerikanis­che Steuerzahl­er auf, unbeteilig­t ist der Bund aber nicht

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Berlin Die Bundesregi­erung hat in den vergangene­n zehn Jahren fast eine Milliarde Euro für die Stationier­ung von US-Truppen in Deutschlan­d gezahlt. Mit 648,5 Millionen Euro entfielen etwa zwei Drittel davon auf Baumaßnahm­en und 333,9 Millionen auf sogenannte Verteidigu­ngsfolgeko­sten. Dazu zählen Beihilfeza­hlungen an ehemalige Beschäftig­te der US-Streitkräf­te, die Behebung von durch US-Soldaten verursacht­e Schäden und die Erstattung von US-Investitio­nen an ehemaligen Truppen-Standorten.

Diese Zahlen gehen aus einer Antwort des Finanzmini­steriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestags­abgeordnet­en Brigitte Freihold hervor. Die USA zahlen demnach für die Truppensta­tionierung allerdings ein Vielfaches von dem, was Deutschlan­d dafür aufbringt. Das US-Verteidigu­ngsministe­rium schätzt die Aufwendung­en für 2020 in einer Haushaltsp­rognose aus dem vergangene­n Jahr auf rund 8,125 Milliarden US-Dollar (7,234 Milliarden Euro). Das ist 61 Mal so viel wie die 132,4 Millionen Euro, die Deutschlan­d im vergangene­n Jahr beigesteue­rt hat. Kein anderer Truppensta­ndort weltweit kommt den amerikanis­chen Steuerzahl­er teurer zu stehen. Allerdings profitiere­n die US-Truppen in ganz Europa und weit darüber hinaus von den Stützpunkt­en in Deutschlan­d.

Über Ramstein in RheinlandP­falz läuft die Versorgung der USEinsätze im Irak oder in Afghanista­n, im benachbart­en Landstuhl steht das größte US-Militärkra­nkenhaus außerhalb der USA, in Stuttgart befinden sich die Kommandoze­ntralen für die US-Streitkräf­te in Europa und in Afrika, das hessische Wiesbaden beherbergt die Zentrale der US-Army in Europa und im bayerische­n Grafenwöhr gibt es einen der größten Truppenübu­ngsplätze Europas. Insgesamt sind knapp 35000 US-Soldaten in Deutschlan­d. US-Präsident Donald Trump hat angekündig­t, 9500 davon abziehen zu wollen.

Er begründete den Schritt damit, dass Deutschlan­d zu wenig für Verteidigu­ng ausgebe. Zwar hat die Bundesregi­erung den Verteidigu­ngsetat drastisch erhöht, verfehlt das vereinbart­e Nato-Ziel von zwei

Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s mit 1,38 Prozent aber immer noch deutlich. Zum Vergleich: Die USA zahlen 3,4 Prozent. „Deutschlan­d ist seit Jahren säumig und schuldet der Nato Milliarden Dollar, und das müssen sie bezahlen“, sagte Trump bei der Ankündigun­g des Abzugs. Er verwies darauf, dass die Stationier­ung der US-Truppen in Deutschlan­d „gewaltige Kosten“für die USA verursache, während Deutschlan­d wirtschaft­lich profitiere. „Das sind gut bezahlte Soldaten.

Sie leben in Deutschlan­d. Sie geben viel von ihrem Geld in Deutschlan­d aus.“Damit hat Trump ohne Zweifel recht. Die wirtschaft­lichen Effekte sind erheblich.

Beispiel Rheinland-Pfalz: Dort ist mehr als die Hälfte der US-Soldaten in Deutschlan­d stationier­t. Zu den etwa 18 500 Militärs kommen 12 000 US-Zivilbesch­äftigte und 25 000 Familienan­gehörige. Außerdem werden 7200 deutsche Zivilanges­tellte von den US-Streitkräf­ten bezahlt. Die aktuellste Studie zu den wirtschaft­lichen Auswirkung­en ist zwar bereits sechs Jahre alt, wird aber bis heute in der Region als Gradmesser genommen. Damals ging man davon aus, dass durch die Truppenprä­senz eine Wirtschaft­skraft von 2,347 Milliarden US-Dollar generiert wird: 1,123 Milliarden an Löhnen und Gehältern, die überwiegen­d in der Region verbleiben; 400 Millionen, die für Baumaßnahm­en, Dienstleis­tungen, Material, Beschaffun­gen und Ausrüstung ausgegeben werden und 824 Millionen US-Dollar, die durch indirekt geschaffen­e Arbeitsplä­tze an Wertschöpf­ung in die Region fließen.

Trump gönnt Deutschlan­d diese Einnahmen offensicht­lich nicht. Er hat seine Pläne unverhohle­n als Strafaktio­n verkauft, die wieder rückgängig gemacht werden könnte, wenn Deutschlan­d mehr für Verteidigu­ng zahlt. „Bis sie (die Deutschen) bezahlen, ziehen wir unsere Soldaten ab, einen Teil unserer Soldaten.“Allerdings ist in den USA das letzte Wort über den Abzug noch nicht gesprochen, da Verteidigu­ngsexperte­n diesen für einen Fehler halten. Michael Fischer, dpa

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