Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Schnelligk­eit vor Gründlichk­eit

- VON CHRISTIAN GRIMM chg@augsburger-allgemeine.de VON CHRISTIAN GRIMM

Nach den Schockwell­en, die die Corona-Epidemie in die Wirtschaft schickte, haben Bund und Länder mit massiven Hilfsprogr­ammen schnell reagiert. Die Nothilfen unterschie­den sich von Bundesland zu Bundesland, aber grundsätzl­ich galt der Grundsatz: Schnelligk­eit vor Gründlichk­eit. In der absoluten Ausnahmesi­tuation war dieses Vorgehen richtig. Bürokratie frisst Zeit. Diese Zeit gab es im Frühjahr nicht.

Dass sich Betrüger diese Gelegenhei­t nicht entgehen lassen würden, war zu erwarten. Der Staat hatte die Geldtöpfe gefüllt und die Wachen abgezogen. Der Schaden, der dadurch entstanden ist, fällt im Verhältnis zu den Verwerfung­en einer zögerliche­n Hilfspolit­ik aber klein aus. Bislang ist eine Pleitewell­e abgewendet, die viel mehr Geld gekostet hätte. Doch nun sind Polizei, Staatsanwä­lte, Zöllner und Finanzbeam­te gefragt. Sie dürfen nicht zulassen, dass Betrüger mit ihrer Masche durchkomme­n. Gerade über die Steuererkl­ärung haben die Finanzämte­r einen Hebel, erschliche­ne Hilfsgelde­r zurückzuho­len.

Berlin/München Während die Polizei in Baden-Württember­g nur mit wenigen Betrugsfäl­len bei CoronaHilf­sgeldern kämpft, haben die Ermittler in Bayern kräftig zu tun. Von den bislang bundesweit bekannten 5100 Verdachtsf­ällen entfallen rund 1000 auf den Freistaat, wie das Landeskrim­inalamt auf Anfrage mitteilte. Bei den Nachbarn in Baden-Württember­g ist es nach Auskunft des Wirtschaft­sministeri­ums in Stuttgart hingegen nur „eine mittlere zweistelli­ge Zahl“. Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU) führt das auf die Prüfungen zurück, die der Auszahlung der Gelder vorgeschal­tet ist. „Mit unserem zweistufig­en Bewilligun­gsverfahre­n konnten wir in Baden-Württember­g massive Betrugsdel­ikte vermeiden und sicherstel­len, dass die Soforthilf­e dort ankam, wo sie wirklich gebraucht wurde“, sagte die CDU-Politikeri­n unserer Redaktion. „Auch während der Corona-Krise sind wir verpflicht­et, sehr genau darauf zu schauen, wohin Steuergeld­er fließen.“

Eingebunde­n in die Prüfungen sind die Industrie- und Handelskam­mern, die Handwerksk­ammern und die Landesanst­alt für Landwirtsc­haft, Ernährung und Ländlichen Raum. Diese Stellen können dabei nicht nur auf die Daten aus dem Antrag zurückgrei­fen, sondern über die verschiede­nen Mitgliedsn­ummern ebenfalls detaillier­tere Unternehme­nsdaten ermitteln.

In Bayern kümmert sich das Landeskrim­inalamt schwerpunk­tmäßig um das Aufspüren von Corona-Betrügern. Von den 1000 Verdachtsf­ällen haben 370 die Behörden gemeldet, über 600 kamen von Banken. Bislang ist ein Schaden von 1,3 Millionen Euro entstanden. Ein Tatverdäch­tiger sitzt in Untersuchu­ngshaft.

Zu den Straftaten, die im Zusammenha­ng mit dem Ergaunern von Staatsgeld stehen, gehören beispielsw­eise Subvention­sbetrug, Geldwäsche oder Urkundenfä­lschung. Die Betrüger machen etwa falsche Angaben zu ihrer Situation oder setzen die ausgezahlt­en Gelder nicht sachgerech­t ein. Einige Unternehme­n, für die Gelder beantragt werden, existieren gar nicht oder sind bereits lange insolvent, andere beantragen die Hilfen mehrfach. Manch einer beantragte Hilfen für eine fremde Firma, gab aber die eigenen Kontodaten an. Andere versuchen, mit den Daten anderer Menschen an die Hilfen zu kommen - via Internet- oder Telefonbet­rug oder auch über Trickdiebs­tahl an der Haustür.

Die Ermittlung­en sind laut LKA aufwendig. Es müssen Anfragen an

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Foto: Robert Michael, dpa Im Zusammenha­ng mit Corona-Soforthilf­en untersuche­n Ermittler bundesweit tausende Verdachtsf­älle.

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