Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Trauer um einen Sonderling

Der gebürtige Augsburger Tilo Prückner ist mit 79 Jahren in Berlin gestorben. Als verschrobe­ner „Rentnercop“feierte der Mann der vielen Rollen eine späte Fernsehkar­riere

- VON RUPERT HUBER

Augsburg Es gibt Schauspiel­er, die sich auf dem roten Teppich wohl fühlen und auch beruflich ihre Eitelkeit pflegen. Davon war Tilo Prückner weit entfernt. Er war in seinem Beruf eigensinni­g, sperrig und auf eine liebenswer­te Art grantig. Jetzt ist Prückner mit 79 Jahren überrasche­nd in Berlin gestorben. Er mochte die kleinen, vordergrün­dig unauffälli­gen Rollen, für die er nun mal stand.

1940 in Augsburg geboren, besuchte er bis zum 16. Lebensjahr das Gymnasium bei St. Anna in der Innenstadt. Wie sein ehemaliger Klassenkam­erad Manfred Braun aus Stadtberge­n (Kreis Augsburg) unserer Redaktion berichtet, führten Tilo Prückner private Gründe nach Nürnberg, wo er am Melanchton­Gymnasium sein Abitur machte.

Während Mitschüler Braun Jura studierte, zog es Tilo Prückner zum Theater. Braun erinnert sich, dass die Buben seinerzeit Nestroys „Einen Jux will er sich machen“spielten. Also, Nestroy war also schuld an der Karriere Prückners.

Dass er mit seinen zahlreiche­n Rollen populär wurde, lag nicht zuletzt an der seit 2015 laufenden ARD-Vorabendse­rie „Rentnercop­s“mit einem eigensinni­gen, in den Dienst zurückgeke­hrten Polizisten. Auch aus der ZDF-Reihe „Kommissari­n Lucas“kennt ihn das Fernsehpub­likum. Er agiert darin als übellaunig­er Vermieter, den man wirklich niemandem wünscht. Und die „Kluftinger“-Krimis führten ihn zum Dreh ins Allgäu, in die Nähe seiner Heimat.

Mit dem Alter hatte der Augsburger, der als einer der vielseitig­sten Schauspiel­er der deutschen Branche galt, keine Probleme. „Wenn ich mich auf dem Bildschirm sehe, denke ich: Was ist denn das für ein Veteran?“Solange er noch gefragt war als Darsteller von Alltagsges­talten, oft aus kleinbürge­rlichem Milieu, das auch prollig bis ländlich sein kann, brauchte Tilo Prückner keine Sorgen um sein Alter haben. Und gefragt war er bis zum Schluss.

Der Schauspiel­er überzeugte auch vielfach bei Regisseure­n des sogenannte­n Neuen Deutschen Films. 1975 bekam er eine Rolle in „Sternstein­hof“, dem Kinodebüt von Hans W. Geißendörf­er. 1976 erhielt er den Deutschen Darsteller­preis in der Hauptrolle der NikosPerak­is-Inszenieru­ng von „Bomber und Paganini.“Am Mittwoch zeigt das Erste in Abänderung des Programms den TV-Film „Holger sacht nix“mit Prückner als verbittert­em Bauern.

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 ?? Foto: Henning Kaiser, dpa ?? Über mangelnde Angebote konnte sich Tilo Prückner, der Mann mit dem markanten Schnauzer, bis zuletzt nicht beklagen.
Foto: Henning Kaiser, dpa Über mangelnde Angebote konnte sich Tilo Prückner, der Mann mit dem markanten Schnauzer, bis zuletzt nicht beklagen.

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