Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Gericht kippt Regeln in Gütersloh
Lockdown für Kreis sei nicht verhältnismäßig
Gütersloh/Rheda-Wiedenbrück Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat die CoronaBeschränkungen für das öffentliche Leben im Kreis Gütersloh vorläufig außer Vollzug gesetzt. Das Land Nordrhein-Westfalen hätte nach dem Corona-Ausbruch beim Fleischverarbeiter Tönnies inzwischen eine differenziertere Regelung erlassen müssen – ein Lockdown für den ganzen Kreis sei nicht mehr verhältnismäßig, teilte das Gericht am Montag mit. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Hintergrund der Auflagen sind mehr als 1000 positiv auf das Coronavirus getestete Tönnies-Mitarbeiter am Standort in Rheda-Wiedenbrück. Die Befunde hatten zu regionalen Einschränkungen im öffentlichen Leben in den Kreisen Gütersloh und Warendorf geführt. Die regionale Verordnung der Landesregierung wäre in der Nacht zum Mittwoch um 0 Uhr ausgelaufen.
Bislang hatte das OVG in der Regel die Verordnungen der Landesregierung im Zusammenhang mit dem Kampf gegen das Coronavirus bestätigt. Ausnahme war die vom Land angeordnete häusliche Quarantäne für Auslandsrückkehrer. Die hatte das Gericht Anfang Juni außer Vollzug gesetzt. Das Land dürfe nicht pauschal für Rückkehrer aus Nicht-EULändern eine 14-tägige Quarantäne anordnen, entschied es.
Was die Produktion im Schlachtbetrieb von Tönnies in Rheda-Wiedenbrück betrifft, rechnet der Gütersloher Landrat Sven-Georg Adenauer trotzdem nicht mit einem kurzfristigen Hochfahren. „Das Konzept, das die Firma vorgelegt hat, beantwortet bei weitem nicht alle Fragen, die geklärt werden müssen. Also bis der Betrieb wieder anläuft, kann es noch dauern!“, sagte der CDU-Politiker dem WDR vor einem Treffen von Vertretern der Behörden und des Unternehmens.
Seit Montagvormittag sprechen Vertreter der Bezirksregierung, des Kreises und der Stadt Rheda-Wiedenbrück über das von Tönnies in der vergangenen Woche vorgelegte Hygiene-Konzept. Die Stadt hatte die Schließungsverfügung der gesamten Schlacht- und Fleischfabrik bis zum 17. Juli verlängert. Das Unternehmen kann einen Antrag stellen, dass die Verfügung für einzelne Bereiche aufgehoben wird. Voraussetzung ist ein Konzept zum Gesundheitsund Arbeitsschutz, das den Vorgaben der Corona-Schutzverordnung des Landes NordrheinWestfalen entspricht. Mit einem Ergebnis wurde in Verhandlungskreisen zunächst nicht gerechnet.