Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Beim FCA geht eine Ära zu Ende

Der Vertrag von Torwarttra­iner Zdenko Miletic ist am 30. Juni ausgelaufe­n. Der Klub würde den 52-Jährigen gerne behalten, aber nicht im Bundesliga-Kader

- VON ROBERT GÖTZ

Mit seinem ersten Schützling als Torwarttra­iner hat Zdenko Miletic noch um den Platz im Tor des damaligen Zweitligis­ten gekämpft. Es war im Oktober 2007, als der damalige Trainer Ralf Loose den 39-jährigen Miletic klarmachte, dass er den Zweikampf gegen Sven Neuhaus verloren hat und er ihn gerne als Torwarttra­iner behalten würde. Miletic, der 2002 von Arminia Bielefeld zum damaligen Regionalli­gisten gewechselt war, willigte ein. Nach 110 Regionalli­ga- und vier Zweitliga-Spielen beendete er seine aktive Karriere beim FCA und wechselte die Seiten.

Fast 13 Jahre später ist der Weg des 52-jährigen Kroaten, der in Sarajevo geboren ist, im Profi-Bereich des FC Augsburg zu Ende. Sein Vertrag als Torwarttra­iner der Profimanns­chaft ist am 30. Juni ausgelaufe­n und er wird nicht verlängert. Der FC Augsburg will die Position neu besetzen. Anscheinen­d ist Kristian Barbuscak vom Zweitligis­ten Jahn Regensburg ein heißer Kandidat auf die vakante Stelle. FCA-Trainer Heiko Herrlich arbeitete mit dem 43-jährigen Slowaken beim Jahn von Januar 2016 bis Juni 2017 zusammen. Herrlich führte den damaligen Regionalli­gisten direkt über die 3. Liga zurück in die 2. Liga.

Stellung will zu dieser Personalie zur Zeit offiziell niemand nehmen. Weder der FC Augsburg noch Zdenko Miletic. Allerdings ist zu hören, dass der FCA den 52-jährigen Miletic gerne im Nachwuchsl­eistungsze­ntrum als hauptamtli­chen Chef der Torwarttra­iner weiter beschäftig­en würde. Es gäbe darüber Gespräche.

Ein FC Augsburg ohne Zdenko Miletic war bis vor zwei Jahren eigentlich nicht vorstellba­r. Egal ob der Trainer Ralf Loose, Holger Fach, Jos Luhukay, Markus Weinzierl, Manuel Baum oder Martin Schmidt hieß – der Torwarttra­iner hieß Miletic. „Ich habe meine Aufgabe auch immer darin gesehen, die Trainer, die neu gekommen sind, mit meiner Erfahrung zu unterstütz­en. Ich hatte ja doch ein paar ProfiJahre hinter mir. Diese Loyalität wussten alle zu schätzen“, sagt er in einem Interview im April 2018 anlässlich seines 50. Geburtstag­s.

Und auch seine gute Arbeit. Denn lange Zeit suchte der FCA seine Torhüter auf den Ersatzbänk­en oder gar den Tribünen. So führte er Simon Jentzsch, der beim VfL Wolfsburg eineinhalb Jahre auf der Tribüne saß, ehe er im Juni 2009 zum FCA wechselte, zurück zu altem Leistungsv­ermögen. Der Hüne war ein Garant für den Bundesliga-Aufstieg. Auch machte er Alexander Manninger wieder bundesliga­tauglich. Der war vier Monate vereinslos, ehe ihn der FCA im November 2012 als Ersatz für den verletzten Jentzsch holte. Und Marwin Hitz hatte 2013 vor seinem Wechsel von Wolfsburg zum FCA gerade mal 13 Bundesliga­spiele in knapp fünf Jahren für den VfL bestritten. Als er 2018 zu Borussia Dortmund wechselte, hatte er 141 Punktspiel­e absolviert und stand bei allen acht Europa-League-Partien im FCA-Tor.

Doch nach Hitz konnte auch Miletic keinen stabilen Nachfolger mehr formen. Weder Fabian Giefer noch Andreas Luthe erhielten länger das Vertrauen der Cheftraine­r und von Sport-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter. Und nun wurde intern auch die Arbeit von Miletic immer kritischer beleuchtet. Die beschrieb er selbst 2018 so: „Ich rede nicht viel über Fehler, sondern mehr über Stärken. Im Training versuche ich, unauffälli­g die Fehler zu korrigiere­n.“Heute sind aber detaillier­te Fehleranal­ysen Standard. Auch sonst gilt seine Torwartsch­ule ehe als konservati­v. Seine Definition eines guten Torhüters lautete immer: „Das Wichtigste ist immer noch, dass er hinten keine dicken Klöpse macht.“Heute wird aber eine differenzi­erte und ausführlic­he Kommunikat­ion mit allen Beteiligte­n erwartet. Wie ein Brennglas wirkte dann auch die Pech- und Pannen-Saison von Neuzugang Tomas Koubek. 7,5 Millionen Euro hatte der FCA an Stade Rennes überwiesen und den Tschechen mit einem Vertrag bis 2025 ausgestatt­et. Doch in seiner ersten Bundesliga-Saison versagten ihm zu oft die Nerven.

Die Koubek-Patzer seien aber nicht der Grund für die Neuausrich­tung auf dem Torwarttra­iner-Posten, ist im Umfeld zu hören. Das Vertragsen­de sei jetzt einfach der richtige Zeitpunkt. Dass der Personalwe­chsel bei vielen Fans nicht gut ankommt, nimmt der FCA in Kauf. Dort ist Miletic sehr beliebt, verkörpert er doch noch die gute, alte Zeit mit den Spielen im Rosenausta­dion, als der Fußball in Augsburg noch nicht Teil des ganz großen Business war.

Doch für Romantik ist beim Überlebens­kampf des FCA in der Bundesliga kein Platz mehr. Nach dem glückliche­n Klassenerh­alt steht alles auf dem Prüfstand. Mit einem neuen Torwarttra­iner will der Verein neue Reize und Impulse setzen.

Und mit Rafal Gikiewicz, 32, Neuzugang von Union Berlin, soll als neue Nummer eins endlich wieder Stabilität im Tor einziehen. Koubek, 27, gibt die sportliche Leitung um Sport-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter noch eine zweite Chance. Man hofft, dass seine Patzer nur Anpassungs­probleme waren und er zu seiner Form in der Saison 17/18, als er in Frankreich zu den besten Torhüter der Liga zählte, zurückfind­et. Dazu kann man sich gut vorstellen, dass Nachwuchs-Torhüter Benjamin Leneis, 21, als Nummer drei den beiden Platzhirsc­hen den Rücken freihalten soll.

Offenbar plant der FCA nicht mehr mit Andreas Luthe, 33, und Fabian Giefer, 30. Doch gerade Luthe scheint seinen Platz nicht kampflos räumen zu wollen. Er hat Vertrag bis 2022. Es bleibt spannend, wie sich die Situation bis zum Trainingsa­uftakt am 3. August entwickelt. Zdenko Miletic wird nach 13 Jahren erstmals nicht dabei sein.

Miletic und seine Torhüter

Sven Neuhaus, Christian Krieglmeie­r, Philipp Pentke (Hoffenheim), Patrick Lehner, Patrick Platins, Vasili Khomutovsk­i, Lukas Kruse, Ioannis Gelios (Kiel), Simon Jentzsch, Mohamed Amsif (FUS Rabat), Alexander Manninger, Marwin Hitz (Dortmund), Andreas Luthe, Fabian Giefer, Gregor Kobel (Stuttgart), Tomas Koubek.

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Foto: Wagner Zdenko Miletic betreute 13 Jahre die Bundesliga-Torhüter des FCA.
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Kristian Barbuscak

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