Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Bluatschink und Betongeschwüre
Urlaub in Österreich war während der Corona-Krise zeitweilig nicht möglich. Inzwischen freuen sich viele Deutsche wieder darauf, ins Nachbarland reisen zu können. Zum Beispiel nach Tirol. Auch dahin, wo man die „Brutstätte des Corona-Virus“vermutet – zumindest für Europa. Nach Ischgl in Tirol mit seinen „auf ungemütliches Beisammensein spezialisierten Etablissements“. So sieht es wenigstens Dominik Prantl, der in dem Büchlein „Tirol“eine „Landvermessung“in 111 Begriffen vornimmt.
Der geneigte Leser erfährt da auch, wer Peter Anich war: Ein Kartograf aus dem Bauernhof, der den Atlas Tyrolensis konzipiert hat. Oder was ein Bluatschink ist: ein in Tirol beheimateter Wassergeist und der Name einer österreichischen Musikgruppe um den Liedermacher Toni Knittel. Prantl liebt die Berge, und er hält mit seiner Kritik an deren Kommerzialisierung nicht hinter dem Berg. Da wird das Shopping Center zum Betongeschwür oder die Berliner Hütte zum „modernen Implantat reichsdeutscher Klotzmentalität“. Auch für den Tourismus moderner Prägung hat der studierte Wirtschaftsgeograf wenig übrig. Der „leide womöglich unter dem eigenen Erfolg“, schreibt Prantl und brauche deshalb bald einen Imageberater.
Christian Opperer hat zu Prantls heiter-kritischen Landesvermessung die passenden Illustrationen geliefert. Für alle Piefkes mit TirolAffinität ein ebenso unverzichtbares wie Laune machendes Kompendium, wenn sie versuchen wollen, die Tiroler Gastgeber zu verstehen.
» Dominik Prantl. Tirol – eine Landvermessung in 111 Begriffen
Tyrolia, 88 S., 14,95 ¤