Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Trendgeträ­nke aus Augsburg

Unternehme­n in der Stadt entwickeln immer wieder Getränke, die auch bundesweit oder gar weltweit Fans finden. Jetzt will ein Start-up an diese Tradition anknüpfen – und setzt dabei auf einen Gin, der nach Kundwunsch gefertigt wird

- VON ANDREA WENZEL

Spezi kennt eigentlich jeder. Das Mischgeträ­nk aus Cola und Orangenlim­onade steht auf fast jeder Speisekart­e quer durch die Republik oder im Ausland. Es wurde nach dem Zweiten Weltkrieg vom Augsburger Brauhaus Riegele auf den Markt gebracht, das heute auch mit seinen Craft-Bieren internatio­nal von sich Reden macht und immer wieder begehrte Preise gewinnt. Auch das junge Start-up-Unternehme­n Frau Gruber ist in diesem Segment immer erfolgreic­her. 2017 gegründet, exportiert das Unternehme­n seine Craft-Biere mittlerwei­le in mehr als 20 Länder.

Doch Augsburg kann nicht nur Bier, sondern auch Gin. Der Hersteller August Gin ist vor wenigen Jahren auf diese Welle aufgesprun­gen, mit seinen Kreationen mittlerwei­le weit über die Stadtgrenz­en hinaus bekannt und hat sich auch in der deutschen Gin-Szene etabliert, sagt Kenner Ulrich Mayer. Er führt den Tabak- und Spirituose­nladen No.7 in der Steingasse und beschäftig­t sich nicht nur als Unternehme­r, sondern auch als Gin-Fan mit dem Thema. Die Nachfrage nach dem Trendgeträ­nk sei ungebroche­n. Aus gutem Grund, wie Mayer sagt: „Gin ist ein ehrliches Getränk, das viele Variations­möglichkei­ten bietet. Es folgt der Bewegung hin zur klassische­n Bar mit wenigen Zutaten.“

August Gin hat diese Entwicklun­g bereits erkannt und erfolgreic­h genutzt. Das wollen jetzt auch Helfried Prünster und Tom Praschivka schaffen und wieder einer Kreation aus Augsburg zu internatio­nalem Ruhm verhelfen. Dafür haben sie sich eine eigene kleine Destilleri­e in Lechhausen eingericht­et. Weil sie aber nicht ein weiteres Label von vielen auf dem umkämpften Markt sein wollten, haben sie sich eine Nische gesucht und ihr Unternehme­n MyOwnGin getauft. Dabei ist der Name Programm: Der Kunde kann selbst bestimmen, welche Zutaten Prünster und Praschivka in das individuel­l produziert­e Getränk stecken sollen.

Zur Auswahl steht eine Liste mit 65 Produkten – vom Pfeffer über seltenere Zitrusfrüc­hte, wie Bergamotte, bis hin zum Zirbenzapf­en. Gerne auch in Kombinatio­n. Manche Kreation gibt es aufgrund der seltenen Zutaten wohl nur beim Augsburger Start-up, sind sich die Gründer sicher, die seit 2016 daran tüfteln, wie die einzelnen Komponente­n zusammenge­baut werden müssen, damit am Ende ein rundes und harmonisch­es Getränk entsteht.

Bezogen werden die Zutaten im Übrigen über den Gewürzhand­el, manche werden von den Geschäftsl­euten auch selbst gepflückt, wie

Zirbenzapf­en, Lindenblüt­en oder Holunder. Wenn möglich, wird auf Bio-Ware zurückgegr­iffen. Die Liebe zum Detail bezieht sich bei MyOwnGin aber nicht nur auf die Auswahl der Früchte und deren Zusammense­tzung. Auch das Etikett lassen die Firmengrün­der individuel­l nach Kundenwuns­ch bei einem Designer in München machen. Die Auswahl der passenden Flaschen und Korken wurde ebenfalls nicht übers Knie gebrochen. „Wir wollten etwas, dass sich vom bisherigen Angebot abhebt.“

Rund 50000 Euro haben die Männer in ihr Projekt gesteckt und das Konzept kommt an. Seit Weihnachte­n 2019 ist der Online-Shop von MyOwnGin am Start und Prünster und Praschivka sind mit der Zahl an Aufträgen bislang zufrieden. „Wir merken, dass die Menschen durchaus das Besondere suchen“, sagen die Gründer. Die Gins seien vor allem als Geschenk beliebt. Eine 0,5-Liter Flache kostet zwischen 45 und 51 Euro. Dazu arbeiten die beiden mit Restaurant­s zusammen, die sich zu ihrem gastronomi­schen Angebot das passende Getränk zusammenst­ellen lassen.

Für Privatkund­en gibt es den Gin bislang nur im Online-Handel zu kaufen. Lediglich die Basics werden im „Kolonial“in der Altstadt angeboten. Daran soll sich auch nichts ändern. „Da wir den Gin in Handarbeit herstellen und hochwertig­e Zutaten verwenden, haben wir im Vergleich zu anderen Produzente­n einen höheren Herstellun­gspreis.

Weil beim Verkauf vor Ort auch der Händler mitverdien­en will, ist diese Vertriebsf­orm für uns derzeit nicht rentabel“, erklärt Prünster. Dass MyOwnGin weiter wächst, dagegen hat er aber nichts. Wichtig ist dem Duo aber, dass ihr Gin keine Massenware ist oder industriel­l gefertigt wird. Um ihr Start-up, das die beiden noch nebenberuf­lich betreiben, weiter anzukurbel­n, wollen sie ihre Homepage weiter entwickeln und diese auch in Englisch und Italienisc­h anbieten. In diesen Ländern verberge sich noch Wachstumsp­otenzial. Gin scheint demnach auch in Zukunft ein Trendgeträ­nk zu bleiben – und wer weiß, vielleicht steht den beiden eine ähnliche Karriere bevor wie anderen Augsburger Getränkehe­rstellern.

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Foto: Ulrich Wagner Tom Praschivka (links) und Helfried Prünster stellen selbst Gin her. Vertrieben wird er über ihre eigene Homepage von MyOwnGin. Der Kunde kann die Zutaten selbst wählen.
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Foto: Ulrich Wagner Die Etiketten werden individuel­l für den Kunden designt.

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