Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Es wispert der Wind
Eine Serenade der Philharmoniker
Open Air muss nicht nur eine Auftrittsalternative als Notnagel in Corona-Zeiten sein. Es gibt Kompositionen, die für das – durchwegs abendliche – Freilichtvergnügen geschaffen sind, und auch solche, die sich gut dafür einen. Die Augsburger Philharmoniker unter Generalmusikdirektor Domonkos Héja, der die luftig auf der Wiese gestaffelten rund hundert Zuhörer spürbar bewegt begrüßte, boten ein stilistisch farbenfrohes Programm von der Klassik bis zur Romantik. Wenn dann noch der Wind zwischen den Zeilen der Partituren wispert, ist das Erlebnis speziell.
Dies stellte sich mit dem ersten Klangbonbon ein. Die Ouvertüre zu „L’arbore di Diana“des Spaniers Vicente Martín y Soler fand sich mit den Bedingungen außerhalb eines Theaters überzeugend zurecht. Héja und sein in den Streichern eher filigran besetztes Orchester ließen die quirlenden Temperamentsausbrüche dieses Dramma giocoso des Wiener Mozart-Zeitgenossen aufblitzen – ein Sommernachtstraum huschte heiter faunisch vorüber.
Anschließend konnte man Mozarts Genie bestaunen, Vergnügen von Freiluftmusik mit höchster Kunstfertigkeit zu verbinden. Seine Serenade Es-Dur KV 375 in der Fassung mit acht Bläsern (je zwei Oboen, Klarinetten, Fagotte, Hörner) lebt von ebenso subtiler wie klar kernig modellierter Formensprache. Die eröffnenden goldenen Fanfarenrufe des 1. Satzes, die graziös variierende Heiterkeit und duftige Motorik der beiden Menuette, das atmende Adagio und ein pulsierendes finales Rondo wurden von den Musikern, ohne Dirigent, mit brillanten Phrasierungen und Virtuosität realisiert.
Andere Klangbilder und Harmonien waren in Brahms’ 2. Serenade A-Dur zu hören. Die Bläsergruppe erinnerte mit seinen tänzerisch-liedhaften Anmutungen an Mozarts Serenaden-Kunst. Doch die ungewöhnliche Streicherbeteiligung mit den tiefen Instrumenten ohne Violinen (je vier Bratschen und Celli, zwei Kontrabässe) erzeugte ganz eigene Färbungen mit Brahms’schen Helldunkel-Wolkenbildern, den motorisch-rhythmischen Raffinements. Die Klangaussteuerung der Lautsprecher war nicht immer überzeugend, doch Héja und die Musiker präsentierten das Werk mit bewegenden Momenten.