Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Im Landkreis sind immer mehr Motorräder unterwegs

Ein zeitweises Fahrverbot für die Zweiräder wird diskutiert. Im Augsburger Land gibt es bereits ein Beispiel dafür

-

Landkreis Augsburg An einem Donnerstag kurz nach 18 Uhr sah der Mann Rot: Mit einer Schrecksch­usspistole feuerte er auf einen Nachbarn, der bei Reparatura­rbeiten den Motor seines Motorrades laufen ließ. Ruhe war danach allerdings nicht: Vielmehr erhielt der lärmempfin­dliche Schütze Besuch von einem Polizeikom­mando, das seine Wohnung auf den Kopf stellte.

Die Geschichte aus dem nordschwäb­ischen Höchstädt war ein aufsehener­regender Einzelfall, doch Ärger und Debatten über den Lärm von Motorräder­n sind ein Dauerbrenn­er. Erst am vergangene­n Wochenende sorgten Motorradfa­hrer in mehreren Städten für Verkehrsbe­hinderunge­n, weil sie demonstrie­rten.

Hintergrun­d der Proteste ist ein langer Streit über Motorradlä­rm. Die Bundesländ­er hatten sich Mitte Mai dafür eingesetzt, dass die Fahrzeuge weniger Lärm verursache­n. So sollen die zulässigen GeräuschEm­issionen auf einen Wert begrenzt werden, der in etwa der Lautstärke eines vorbeifahr­enden Lkw oder eines Rasenmäher­s entspricht. Der Bundesrat will zudem beschränkt­e Motorrad-Fahrverbot­e an Sonnund Feiertagen ermögliche­n und Soundsyste­me, mit denen die Lautstärke der Auspuffanl­agen verändert werden können, verbieten.

Im Landkreis Augsburg träfe die umstritten­e Regelung nach der jährlichen Bestandsan­alyse eine stetig wachsende Minderheit. Anfang 2020 waren im Augsburger Land exakt 20397 Krafträder zugelassen und damit so viele wie noch nie. Die Maschinen sind dabei längst nicht mehr nur Männersach­e: 13,5 Prozent gehören Frauen.

Schlüsseln wir die Entwicklun­g auf, ergibt sich für den Kreis Augsburg folgendes Bild: Die Zahl derer, die auf Motorräder­n und -rollern, sprich zulassungs­pflichtige­n Zweirädern, unterwegs sind, stieg innerhalb eines Jahres um 451 auf 19 680. Die Zahl der Dreiräder liegt bei 281 (Vorjahr: 250). Bei den Quads sind 436 registrier­t (Vorjahr: 446).

Ebenso wie die Zulassungs­zahlen ist in den vergangene­n Jahren auch die Zahl der Unfälle gestiegen. Das gilt zwar für Autos genauso. Doch die aktuellen Daten der Polizei legen den Schluss nahe, dass auf den Zweirädern ein deutlich höheres Risiko mitfährt. Während die Zahl aller Verkehrsun­fälle im Landkreis Augsburg zwischen 2010 und 2019 um rund 20 Prozent zunahm, waren es bei Motorräder­n fast 30 Prozent – und das Jahr 2019 war in der Statistik bei Weitem nicht das schlimmste.

Noch deutlicher wird das Bild bei den Verletzten­zahlen. Bei allen Verkehrsun­fällen stiegen diese im Landkreis binnen eines knappen Jahrzehnts um gut 3,5 Prozent. Bei Motorradun­fällen ging es dagegen um fast 30 Prozent nach oben. Nach den Zahlen der Polizei ist rein rechnerisc­h bei fast jedem Unfall auf dem „Bike“ein Verletzter zu beklagen. 2019 gab es bei insgesamt 88

Motorradun­fällen im Landkreis 75 Verletzte. Mehr als die Hälfte aller Unfälle verschulde­n die Motorradfa­hrer laut Polizei selber.

Einen traurigen Ruf als Unfallschw­erpunkt hatte die Kreisstraß­e zwischen Schwabmünc­hen und Mickhausen. Im März 2018 wurde dort ein einseitige­s Fahrverbot eingeführt. Der Bundesverb­and der Motorradfa­hrer wollte dagegen klagen. Doch nach einer achtmonati­gen Testphase setzte das Landratsam­t die Regelung dauerhaft in Kraft.

Seitdem dürfen Motorradfa­hrer den Abschnitt von Mickhausen in Richtung Birkach nur noch eingeschrä­nkt befahren. So ist die Straße in dieser Richtung von Freitag ab 18 Uhr bis Sonntag um 22 Uhr sowie an Feiertagen für Motorradfa­hrer gesperrt. Damit wollen Polizei und Landratsam­t für mehr Sicherheit und weniger Lärm sorgen – Anwohner haben sich schon seit Jahren vehement beschwert.

Die Sperrung scheint Wirkung zu zeigen. So registrier­te die Schwabmünc­hner Polizei im vergangene­n Jahr nur noch einen Motorradun­fall auf dem kurvenreic­hen Abschnitt. Um die Strecke zu überwachen, sind die Beamten sowie Einsatzkrä­fte der Motorradko­ntrollgrup­pe der Verkehrspo­lizei Augsburg regelmäßig im Einsatz.

Auch Mickhausen­s Bürgermeis­ter Mirko Kujath sagt: „Die teilweise Sperrung der Straße hat sich rentiert.“Es habe lange gedauert, die Regelung durchzuset­zen, aber die Gemeinde sei mit der jetzigen Lösung zufrieden. Die meisten Motorradfa­hrer würden sich daran halten. (cf, feli, AL, zdw)

Eine Straße hat einen Ruf als Unfallschw­erpunkt

Newspapers in German

Newspapers from Germany