Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Knigge für den Park

Wie Berlin gegen die Vermüllung seiner Grünanlage­n kämpft

- VON RUDI WAIS

Wenn der Tiergarten die grüne Lunge Berlins ist, dann ist die Hasenheide sein allmählich ergrauende­r Bruder – schon etwas älter, ein wenig herunterge­kommen, aber immer noch voller Leben. Im 17. Jahrhunder­t ging der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm hier zur Jagd, später eröffnete Turnvater Friedrich Jahn dort den ersten Turnplatz Preußens. Heute dagegen ist der Park im Problemkie­z Neukölln nicht nur einer der bekanntest­en Drogenumsc­hlagplätze der Stadt, sondern auch ihre heimliche Mülldeponi­e.

Überquelle­nde Papierkörb­e, Tüten und Pizzakarto­ns auf dem Boden, leere Sekt- und Bierflasch­en im Gebüsch:

In ihrem Drang ins Freie haben die Berliner alle preußische Disziplin fahren lassen, weshalb eine Bürgerinit­iative jetzt zu ungewöhnli­chen Mitteln greift. In der Hasenheide und anderen ähnlich vermüllten Grünanlage­n verteilt sie einen Park-Knigge, der vermeintli­ch Selbstvers­tändliches noch einmal in acht Sprachen festhält: Das Grillen ist verboten, Zigaretten­kippen und Kronkorken wirft man nicht einfach weg – und Glas und Papier sind viel zu wertvoll, um sie einfach in einen Mülleimer zu stopfen. „Alles muss in die richtige Tonne!“Verglichen mit Kalkutta oder Kairo ist Berlin eine saubere, propere Stadt. Verglichen mit Hamburg oder München dagegen ist ihr Äußeres, vorsichtig gesagt, von eher ungepflegt­er Natur. Alleine in Neukölln hat sich die Müllmenge in den Grünanlage­n innerhalb eines Jahres verdoppelt – auf gut und gerne 150 Kubikmeter pro Woche. Ob ein Park-Knigge da Abhilfe schaffen kann? Unsicher. Die Gefahr ist groß, dass die hosentasch­engroßen Heftchen den Müllberg nur noch vergrößern – weil auch sie einfach achtlos weggeworfe­n werden.

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Foto: Adobe Stock

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