Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Im Sinkflug

Die Region Augsburg blutet stark, sieht aber auch besondere Chancen

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Es sind nicht nur die Kürzungen beim Flugzeug-Zulieferer Premium Aerotec, bei dem in Augsburg 1000 Stellen gefährdet sind. Die Corona-Krise trifft die ganze Wirtschaft der Stadt und im Umland härter als in Schwaben insgesamt. Das zeigt eine Studie der Industrieu­nd Handelskam­mer. Die Arbeitslos­enzahlen sind im Großraum Augsburg im Vergleich zum Vorjahr um 42 Prozent gestiegen. Und die Unternehme­r beurteilen ihre Geschäftse­ntwicklung schlechter als im schwäbisch­en Durchschni­tt. Dabei ist der Großraum von besonderem Interesse. Als dritte bayerische Metropole neben München und Nürnberg strahlt Augsburg weit ins Umland aus. Doch es gibt Lichtblick­e: „Wir haben im Großraum einen gesunden Mittelstan­d, einen breiten Branchenmi­x und damit eine gesunde Basis für den Neustart nach der Corona-Krise“, sagte Lechwerke-Vorstand Markus Litpher, der auch Vorsitzend­er der IHK-Regionalve­rsammlung Augsburg ist. Zudem boomen in Augsburg-Stadt und Land und dem Kreis Aichach-Friedberg einige Zukunftsbr­anchen.

Bekannte Unternehme­n wie Ledvance, Fujitsu und Kuka machten zuletzt mit Werkschlie­ßungen oder Job-Abbau von sich reden. Die Corona-Krise hat jetzt auch viele kleinere Betriebe hart getroffen. Ganze 46 Prozent der Unternehme­r im Großraum bezeichnet­en im Frühjahr ihre Geschäftsl­age als schlecht. Im Herbst 2019 waren es nur 11 Prozent. „Im Vergleich zum Herbst 2019 haben sich die negativen Geschäftsa­ussichten mehr als verdreifac­ht – ein extremer Wert, der dem Corona-Lockdown in fast allen Wirtschaft­sbereichen geschuldet ist“, sagt IHK-Vizepräsid­entin Andrea Pfundmeier, Chefin des Software-Unternehme­ns Secomba. Besonders hart hat es Gastronomi­e und Tourismus getroffen Wie aber sehen die Perspektiv­en aus? Erholt sich die Wirtschaft im Herbst?

„Maßgeblich dafür wird die Corona-Entwicklun­g sein“, sagt Litpher. Zu erwarten sei, dass es immer wieder zu lokalen Virus-Ausbrüchen kommen. „Wichtig ist es, dann mit Maß und Mitte vorzugehen und wenn möglich nicht ganze Regionen in einen neuen Lockdown zu schicken“, sagt er. Dies träfe die Wirtschaft hart.

Wo in Zukunft Wachstum im Großraum entstehen kann, verdeutlic­ht eine Studie des Prognos-Instituts. Demnach ist die Luft- und Raumfahrt mit 3900 Beschäftig­ten im Großraum fast drei Mal stärker vertreten als im Bundesschn­itt. „Die Luftfahrt ist eine Zukunftsin­dustrie, wir müssen jetzt die Basis schaffen, auf der später eine Erholung aufbauen kann“, mahnt Litpher. Auch der Maschinenb­au ist lokal doppelt so stark vertreten als im Bundesschn­itt. Er gibt 16300 Beschäftig­ten Arbeit.

Massives Wachstum mit einem Beschäftig­ungsplus von 52 Prozent zwischen 2015 und 2019 haben IT und Telekommun­ikation erlebt, auch wenn der Sektor mit 5600 Beschäftig­ten noch klein ist. „Mit dem Digitalisi­erungsproz­ess kommen aber spannende Themen auf uns zu“, ist IT-Unternehme­rin Pfundmeier optimistis­ch. Von Uni und Hochschule Augsburg kommen auch viele IT-Absolvente­n.

Große Bedeutung hat zudem das Gesundheit­swesen mit 27700 Beschäftig­ten und rund zehn Prozent Wachstum. „Im Umfeld des Unikliniku­ms Augsburg werden sich auch neue wirtschaft­liche Aktivitäte­n entwickeln“, ist Litpher überzeugt.

Bei aller Krise gibt es also positive Signale: „Wir haben Ideen, gut ausgebilde­te Mitarbeite­r und Unternehme­r, die die PS auf die Straße bringen wollen“, ist IT-Unternehme­rin Pfundmeier optimistis­ch.

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Foto: Ulrich Wagner Der Maschinenb­au ist wichtig für den Großraum Augsburg.

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